Ju-390

Diskutiere Ju-390 im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Liebe Flugzeugprofis, Sorry – ich tauche hier immer nur auf, wenn ich mit merkwürdigen Fragen nicht mehr weiterkomme. Die Suchmaschine dieses...

Parzival

Sportflieger
Dabei seit
05.02.2010
Beiträge
19
Zustimmungen
5
Ort
Berliner Stadtrand
Liebe Flugzeugprofis,

Sorry – ich tauche hier immer nur auf, wenn ich mit merkwürdigen Fragen nicht mehr weiterkomme.

Die Suchmaschine dieses Forums ist offenbar nicht mein Freund. Sie bringt auf das Stichwort Ju-390 viele Treffer, ohne den gewünschten Inhalt.

Folgendes Szenario: In einem Forum schreibt ein User, dass er in der Bernburger Ausstellung Flugzeugbau in Bernburg-Strenzfeld Hinweise gelesen haben will, dass es mehrere einsatzbereite Ju-390 gegeben hat. Nehmen wir das mal so als gegeben. Ich habe den Kurator schon angeschrieben, bin aber bisher ohne Antwort.

Wenn ich jetzt Google zu diesem Stichwort bemühe, lese ich verschiedene Hinweise: Die Quellen sein widersprüchlich, man sei sich nicht sicher, wie viele Maschinen es gegeben hat.

Ich würde zwei gelesenen Hinweisen folgen - Hans Joachim Pancherz berichtete, dass es nur eine flugfähige Ju-390 gab. Prof Heinrich Hertel sagte bei einer Anhörung am 26.09.1945 vor britischen Behörden aus, dass die Ju-390 VII nie fertig gestellt wurde.

Der Autor Friedrich Georg behauptet hingegen, Oltn Joachim Eisermann hätte eine Ju-390 am 09.02.45 von Rechlin nach Lärz geflogen. Das kann dann nur die VII RC+DA gewesen sein, da ja die GH+UK im Nov 44 in Dessau abgestellt wurde.
2016 verkaufte jemand via eBay Eisermanns Flugbuch Kopie und listete alle Maschinen der mehr als 800 Flügen in der Zeit zwischen 1943 – 45 auf. Es wurde keine Ju-390 (weder GH+UK noch RC+DA) erwähnt.

Auch die wüsten Legenden eines möglichen New York Flugs der Ju-390 scheinen fraglich, da die GH+UK dem Vernehmen nach nicht voll betankt werden konnte.

Meine Frage: Gibt es eine, über alle Zweifel erhabene Quelle zum Stichwort. Wie viele Ju-390 waren je in der Luft?
 
#
Schau mal hier: Ju-390. Dort wird jeder fündig!

Registrieren bzw. einloggen, um diese und auch andere Anzeigen zu deaktivieren
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Natürlich gibt es keinen über alle Zweifel erhabenen Beweis, dass es keine Ju 390 V2 gegeben hat. Wie will man zweifelsfrei beweisen, dass es etwas nicht gegeben hat?

Streng genommen, gab es nicht mal eine Ju 390. Die Ju 390 V1 war die Ju 90 V6, deren Rumpf durch Einsetzen eines Rumpfzwischenstücks hinter der Tragfläche verlängert worden ist. Ebenso wurden neu entwickelte Tragflächen-Zwischenstücke eingesetzt, so dass die 390 V1 sechs Triebwerke hatte. Ebenso bekam die das neue Leitwerk der Ju 290. Durch die Umbaumaßnahmen war das Startgewicht der V1 auf 38 t beschränkt. Die richtige Ju 390 hätte ein solches von rd. 75 t gehabt. Alleine durch diese Angaben erledigt sich ein angeblicher Amerika-Flug von selbst.

Ich bin aber überzeugt davon, dass es nur die Ju 390 V1 gegeben hat. Im Zuge der Konzentration der Luftrüstung auf Verteidigungswaffen (Stichwort Jägernotprogramm) wurde das Ju 390-Programm Mitte 1944 komplett gestrichen. Im Monatsbericht vom Juni 1944 des JFM-Flugzeugvertriebs kann man lesen: "Auftrag für Entwicklung und Bau Ju 390 V2-V7 mit RM 11.500.000 ging ein. Infolge Streichung der Serie werden die Arbeiten abgebrochen. Ein Teil des Aufwandes muß mit dem Kriegsschädenamt verrechnet werden (Rumpf V2 und Vorrichtungen)".

Im September-Bericht 1944 steht dann: "Die Abrechnung der abgebrochenen Entwicklung (V2-V7) wird, wenn möglich, per 30.09.44 durchgeführt."

Ebenso kann man in: "Zwischenbilanz und Bilanzbericht FSD [Flugzeugbau Stammwerk Dessau] zum 31. August 1944. Erläuterungen zur Zwischenbilanz zum 31. August 1944" nachlesen, dass das Programm Ju 390 und er Bau der Prototypen V2 bis V7 eingestellt worden sei.

Im Industrie-Lieferplan - V-Muster vom 02.02.45 wird nur die Ju 390 V1 genannt: "Vormusterflugzeug als Großtransporter, abgestellt in FSD (Tw abgebaut)"

Das sind für mich genug Nachweise, dass es keine V2 gegeben hat. Wer sich mit Flugbüchern beschäftigt, weiß wie fehlerhaft diese sein können. Das Eisermannsche Flugbuch selbst ist leider eher schlampig geführt und fehlerhaft. So will er eine Ju 88 H geflogen haben, die es aber mit diesem Kennzeichen nie gab.

Die RC+DA ist übrigens eine Bildfälschung vom früh verstorbenen Flug-Revue-Autor Heumann. Die "Ju 390" ist durch Retusche eines Ju 290-Flugfotos entstanden.
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Es gibt aber ein wirkliches Rätsel um die Ju 390 V1. Nach verschiedenen Quellen, Junkers-Berichten und alliierten Luftaufnahmen, war die Ju 390 V1 ab ca. November 1944 bis zum Kriegsende ununterbrochen in Dessau abgestellt. Dies kann aber nicht sein, denn es gibt einen Artikel in der Vertriebenen-Zeitung "Friedländer Heimatbrief" vom Juli 2016. Demnach machte die Ju 390 V1 Ende März 1945 eine Notlandung bei Hohenwald (Kreis Friedland, Nordböhmen), startete von diesem Platz aber einige Tage später wieder mit unbekanntem Ziel.

Nun könnte man die Geschichte als eine Mär abtun, wenn da nicht die Fotos wären. Diese identifizieren die Maschine eindeutig als Ju 390 V1. Zu erkennen sind noch die Ju 90 V6-Wurzeln der Maschine, also die alte Ju 90-Kanzel und die runden Rumpffenster.

Eventuell ergibt der angebliche Flugbucheintrag von Eisermann nun Sinn. Vielleicht flog er die Ju 390 V1 im Februar 1945 in Rechlin. Und im oben erwähnten V-Muster-Programm vom 02.02.45 wird die Ju 390 V1 noch als ohne Triebwerke in Dessau abgestellt angegeben. Alles sehr merkwürdig.

Fest steht aber, dass die Ju 390 V1 zum Kriegsende in Dessau stand und kurz vor Einmarsch der Alliierten zerstört worden ist. Ein Foto davon hatte ich hier schon einmal gebracht.

Leider konnte Karl Kössler zu dem Rätsel auch nichts weiter sagen.



 
Anhang anzeigen Anhang anzeigen

Ledeba

Flieger-Ass
Dabei seit
19.02.2015
Beiträge
472
Zustimmungen
603
Lt. meiner Kopie flog Eisermann eine Ju390V-2 (ohne das Kennzeichen zu nennen) am 08.02.1945 zweimal in Rechlin (09.50 - 10.40 Uhr und 17.08 - 17.30 Uhr). Von einer Überführung nach Lärz am 09.02.1945 steht dort nichts. Auch die Ju 88H kann ich in meiner Kopie nicht finden. Hab ich da was überlesen?
 
eggersdorf

eggersdorf

Astronaut
Dabei seit
05.04.2010
Beiträge
2.937
Zustimmungen
3.560
Ort
Bleitsch
Man könnte vermuten das es aus den mitteldeutschen Raum nach Prag oder umgekehrt ging bei diesem Flug.
 

Parzival

Sportflieger
Dabei seit
05.02.2010
Beiträge
19
Zustimmungen
5
Ort
Berliner Stadtrand
Danke für diese spannende Hinweise.

Aber der Hinweis Zwischenbilanz ZSD 31.08.44, der illustrierte Zeitungsartikel Notlandung und der Flugbucheintrag Eisermann verwirren mich dann doch erheblich.

War denn schon jemand in dieser Bernburger Ausstellung Flugzeugbau in Bernburg-Strenzfeld?
Mein nicht so flugzeugtypensicherer Gewährsmann behauptet, dort auch kopierte Seiten des Flugbuchs von Hans-Werner Lerche gesehen zu haben. Einträge, zu Flügen mit einer Ju 390.
Leider teilte dieser „Gewährsmann“ nichts weiter mit. Kein Datum und kein Stammkennzeichen.
Tenor, so behauptet der Mann, die gezeigten Exponate deuten darauf hin, dass es mehrere Ju-390 gegeben haben soll.
Wenn mir der Kurator nicht antwortet, werde ich mich wohl selbst auf den Weg machen müssen. Die Öffnungszeiten sind sehr speziell.
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Die Bernburger Ausstellung und die Macher kenne ich seit den 90er Jahren, als W. Sommerfeld noch der Leiter war. Dort ist aber kein exklusives Wissen zur Ju 390 vorhanden. Bernburg hatte mit der 390 nun überhaupt nichts zu tun. Dort liefen die Großserienmodelle (Ju 52, Ju 88, Ju 188) in Endmontage vom Band. Und um diese Dinge gehts auch in der Ausstellung.

Lerche ist die Ju 390 V1 einmal geflogen, am 28.10.43, als sie zum Nachfliegen in Rechlin war. Bader und Böttcher von Rechlin E 2 (Zellenerprobung) flogen sie ebenfalls nach. Wahrscheinlich flogen noch mehrere Rechliner Piloten die Maschine nach, was aber mangels Flugbüchern nicht dokumentiert ist. Das Nachfliegen in Rechlin ist auch durch den Wochenbericht vom 25.-30.10.43 der Abt. E 2 nachgewiesen. Das Fazit der Kurzerprobung in Rechlin war übrigens sehr positiv: Man erklärte die Ju 390 hinsichtlich Leistungen und Flugeigenschaften für einwandfrei.

Du kannst aber trotzdem gern nach Bernburg. Die Macher freuen sich über jeden Besucher und die Ausstellung ist sehr interessant.

Ich habe nochmals nach den geplanten Fertigstellungsterminen der V-Muster Ju 390 V2 bis V7 geschaut. Laut V-Muster-Programm vom April 1944 sollte die V2 im Oktober 1944 kommen. Im Mai war der Termin bereits auf Dezember 1944 gerutscht. Aber bekanntlich wurde der Bau bereits in Juni 1944 gestoppt...
 
Zuletzt bearbeitet:
HoHun

HoHun

Space Cadet
Dabei seit
10.10.2014
Beiträge
1.419
Zustimmungen
2.173
Moin!

Lerche ist die Ju 390 V1 einmal geflogen, am 28.10.43, als sie zum Nachfliegen in Rechlin war. Bader und Böttcher von Rechlin E 2 (Zellenerprobung) flogen sie ebenfalls nach. Wahrscheinlich flogen noch mehrere Rechliner Piloten die Maschine nach, was aber mangels Flugbüchern nicht dokumentiert ist. Das Nachfliegen in Rechlin ist auch durch den Wochenbericht vom 25.-30.10.43 der Abt. E 2 nachgewiesen. Das Fazit der Kurzerprobung in Rechlin war übrigens sehr positiv: Man erklärte die Ju 390 hinsichtlich Leistungen und Flugeigenschaften für einwandfrei.
Danke, das ist eine gute Ergänzung zu den Aussagen in Lerches Buch.

In der Summe klingt es für mich, als ob die V1 wirklich nur als "Proof of Concept" dienen sollte:

"Da sie etwas weich war, sollte sie vorsichtig geflogen werden. [...] Auch bei nur leichten Bewegungen des Höhensteuers war das Schwingen der Fläche nicht zu übersehen. Bei zunächst nur vorsichtigem Fliegen waren Unarten grundsätzlicher Art nicht festzustellen."

Lerche erwähnt ein Leergewicht von 40 t und ein Fluggewicht von 75 t, aber die Formulierung ist etwas zweideutig, und zumindest das Fluggewicht bezieht sich auf die Produktionsvariante.

(Falls Du Lerches Buch vorliegen hast: Das Flugbild der RC+DA auf S. 53 ist wahrscheinlich das von Dir erwähnte retuschierte Foto?)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
HoHun

HoHun

Space Cadet
Dabei seit
10.10.2014
Beiträge
1.419
Zustimmungen
2.173
Moin!

Mein nicht so flugzeugtypensicherer Gewährsmann behauptet, dort auch kopierte Seiten des Flugbuchs von Hans-Werner Lerche gesehen zu haben. Einträge, zu Flügen mit einer Ju 390.
In "Testpilot auf Beuteflugzeugen", 7. Auflage 1999, ist auf S. 149 eine Doppelseite aus dem Flugbuch wiedergegeben, die für den 27.7.[1944] einen Eintrag für die Ju 388 enthält:

"11. | 27.7. | 1 34 | Rechlin | 17 02 | 18 36 | Rechlin | Ju 388 | 11000 m"

Das war der letzte Flug des Monats, in der "Flugzeug"-Spalte ist in der Zeile direkt unter "Ju 388" noch eingetragen "XW-YY" ... kann ich nicht einordnen, ich gucke gerade zum ersten Mal so genau in ein Flugbuch :-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
eggersdorf

eggersdorf

Astronaut
Dabei seit
05.04.2010
Beiträge
2.937
Zustimmungen
3.560
Ort
Bleitsch
Du kannst aber trotzdem gern nach Bernburg. Die Macher freuen sich über jeden Besucher und die Ausstellung ist sehr interessant.
Da jetzt mehrmals erwähnt, um was für eine Museum handelt es sich da genau?
 

Parzival

Sportflieger
Dabei seit
05.02.2010
Beiträge
19
Zustimmungen
5
Ort
Berliner Stadtrand
Lieber Peter, vielen Dank für diese umfangreichen Informationen.

Aber wie ist denn nun das Fazit angesichts dieser unterschiedlichen Informationen.

Kann sich die Zeitzeugin mit dem Jahr der Notlandung geirrt haben?
Frühjahr 44 würde doch viel besser passen. Ging es in dieser Zeit nicht mal nach Prag?
Wobei ich ja erschüttert bin, dass einem Testpiloten einfach der Brennstoff ausging.
Knappe Ressourcen in dieser Zeit?


Eisermanns Flugbuch?
Ein eBay Verkäufer offerierte dieses Flugbuch (Kopie) mit folgenden Worten:

Ich verkaufe ein A4 Flugbuch von Joachim Eisermann welches er mir Anfang der 80 er Jahre zur Verfügung stellte. Kein Original! Es geht in Buch von Start 1 -828 vom 30.7.1943 - 2.5.1945. Es beginnt bei der E-Stelle Rechlin Abt. E 4/5 Starts mit Do 17, He 111, Ju 88, Me 110, Ju 52, Ju 87, Ar 96, Ju 188, Do 217, Ju 86, FW 190, Bü 181, Ar 232, He 219, Ju 86 P, Fi 156, W 34, Udetfeld, Lärz, Rechlin, Ju 352, Me 323, Ta 154, FW 58, Roggentin, Strausberg, Ju 88 G-1, Ju 388, Do 335 !!!!, Me 262, Ar 234, Si 204 bis Start 828 am 2.5.1945 dann hört das Flugbuch auf.
Natürlich habe ich den Mann sofort angeschrieben, was denn nun am 08./09.02.45 aus der von ihm aufgezählten Kollektion geflogen wurde. Ich warte gespannt, ob sich der Mann im „Interesse der Wissenschaft“ die Mühe macht, nachzuschauen und mir zu antworten.

Lieber Ledeba, ich bin jetzt nicht der Flugbuchfuchs, aber sollten in Eisermanns Flugbuch nicht Stammkennzeichen vermerkt sein.
Bei Beuteflugzeugen war das wohl nicht immer möglich.
Hier gibt es eine Seite aus Eisermanns Flugbuch
German Nachtjagd
Leider ist es nicht die Richtige.

Allen Beteiligten: Danke fürs Mitmachen. Ich hoffe, es gelingt noch, die divergierenden Hinweise in Spreu und Weizen trennen.
 

Ledeba

Flieger-Ass
Dabei seit
19.02.2015
Beiträge
472
Zustimmungen
603
Natürlich habe ich den Mann sofort angeschrieben, was denn nun am 08./09.02.45 aus der von ihm aufgezählten Kollektion geflogen wurde. Ich warte gespannt, ob sich der Mann im „Interesse der Wissenschaft“ die Mühe macht, nachzuschauen und mir zu antworten.

Lieber Ledeba, ich bin jetzt nicht der Flugbuchfuchs, aber sollten in Eisermanns Flugbuch nicht Stammkennzeichen vermerkt sein.
Bei Beuteflugzeugen war das wohl nicht immer möglich.
Du brauchst nicht auf eine Antwort zu warten -- was wann am 08./09.02.45 geflogen wurde habe ich dir in #4 geschrieben ... im übrigen ist in Flugbüchern vieles vermerkt, wobei es auch welche gibt , in denen außer dem Tag und der Flugzeit nebst Ort nichts vermerkt ist (war leider das FB eines Einfliegers bei Erla VII).
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
@HoHun
Die Ju 390 V1 war ein Vorerprobungsflugzeug, dass der "Erprobung der Roll- und Flugeigenschaften" einer zukünftigen Ju 390-Serie dienen sollte. Wie schon erwähnt, war die Startmasse auf rund 38 t beschränkt. Es gab Pläne, diese durch Verstärkungen auf 50 t zu bringen, um die Maschine als Transporter einsetzen zu können. Das erfolgte aber nicht.

Lerches Angaben passen ungefähr zur geplanten Ju 390 A-Serie. Rüstmasse rund 38-39 t, Zuladung 35-37 t, Startmasse rund 75 t.

Eintrag im Flugbuch Lerche: Das soll heißen: DW+YY. Das ist das Stammkennzeichen der geflogenen Ju 388 (W-Nr. 300291). Die war erst kurz zuvor nach Rechlin gekommen (Eingangsprüfung am 22.07.) und ist bereits am 25.08.44 nach einem Bombenangriff auf Rechlin durch Brand vollkommen zerstört worden.

@Parzival
Ich habe mir auch Gedanken darüber gemacht, ob sich die Zeitzeugin nicht um ein Jahr vertan haben könnte, das also das Geschehen bereits im März 1944 war. Ausschließen kann man es nicht, ich halte es aber für unwahrscheinlich. Man beachte den ersten Satz des 2. Abschnittes: "Die Kriegsfront war schon bedenklich nahe an unsere Gegend herangerückt.." Die Front war im März 1944 noch weit entfernt.
Außerdem ist die Flugtätigkeit im März/April 1944 durch die Flugbücher von Flugzeugführer Pancherz und Flugversuchsingenieur Gast relativ gut dokumentiert. Eine Notlandung ist dort nicht vermerkt. Es könnte aber eine andere Besatzung die Maschine geflogen sein, denn Lücken von 4-5 Tagen sind in den Flugbüchern durchaus vorhanden. Die Erprobung der Ju 390 V1 erfolgte in diesem Zeitraum von Prag aus. Es bleibt schwierig.
Die Sache mit dem Brennstoffmangel glaube ich nicht so recht. Das hat man den Leuten wahrscheinlich einfach so erzählt. Merkwürdig ist auch auf den obigen Fotos, dass man die Luftschrauben aller 6 Motoren so fein säuberlich ausgerichtet hat.

Fazit habe ich keines. Dazu sind die Informationen zu spärlich und widersprüchlich. Noch als Ergänzung und zur Verwirrung. In dem US-amerikanischen Auswertebericht zu den Bombenangriffen "Interpretation Report No. K. 3991 - Locality: Dessau (JFM AG) - Damage and reconstruction (up to 9 Mar 1945)" vom 16.03.45 steht sinngemäß: "Die westliche Verlagerungszone ist nicht sichtbar und die Ju 390 ist immer noch am Nordrand zu sehen wie am 21. Februar 1945".
Das ist die Stelle, an der sie auch lag, als die Alliierten den Platz erreicht haben.
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Nochmal zu der "Retusche" von Gert Heumann, der ja gern Flugzeuge aus der Phantasie erstellt hat, von denen er kein Originalfoto hatte.
Also das hier ist der Ausgangspunkt der Retusche. Ein harmloses Flugfoto der Ju 290:



Dann ein wenig drehen und wenden:





Ich hatte die Serie vor ein paar Jahren für das Forum der Wehrmacht erstellt, in dem ich den Hinweis auf den Friedländer Heimatboten und die Ju 390 erstmals gefunden hatte.
 
Anhang anzeigen Anhang anzeigen Anhang anzeigen

Parzival

Sportflieger
Dabei seit
05.02.2010
Beiträge
19
Zustimmungen
5
Ort
Berliner Stadtrand
Lieber Peter,

da muss man die vorliegenden Hinweise eben zur Kenntnis nehmen.
Ein Zeitzeuge, der sich an eine Notlandung im März 45 erinnert und zwei Bilder eines Flugzeugs präsentiert, das dort zu dieser Zeit eigentlich nicht gewesen sein kann.
Des weiteren einen Flugbucheintrag zweier Flüge einer Version, über die es keinerlei weitere Hinweise gibt. Nicht über den Bau und keine über den Verbleib. Dieser Eintrag wird aber gern als ultimativer Beweis zitiert.

Für wirklich belastbar halte ich diese beiden Hinweise nicht.
Ungeachtet dessen möchte ich mich für diesen spannenden Ausflug in die Welt der Ju-390 herzlich bedanken.
Falls ich doch noch auf weiterführende Hinweise stoßen sollte, melde ich mich sofort.
 

Parzival

Sportflieger
Dabei seit
05.02.2010
Beiträge
19
Zustimmungen
5
Ort
Berliner Stadtrand
Da haben wir es doch schon. Wenn es die Bilder von Rudi Jarisch sind, dann stammen sie nicht aus März 45 sondern vom 17.01.1944. Es scheint auch kein Sturzacker gewesen zu sein, sondern ein Flugfeld bei Reichenberg. Immerhin – die Gegend passt und notgelandet ist man offenbar wirklich.

Letectví na území dnešního Libereckého kraje

http://www.vrtulnik.cz/y3/hel746.JPG

Herunterscrollen bis zum Ende des zweiten Drittels der Seite

Das macht Google aus dem tschechischen Eintrag

17.1.1944 um 17.15 Uhr Notlandung der Sechszylinder-Junkers Ju 390 wegen Treibstoffmangels. Chronischer Bericht von Obltn. D. Gend. Scholze aus Liberec an den Kommandeur der Gendarmerie in Ústí nad Labem. "Das Flugzeug gehört zum Prager Flughafen und war auf einem Testflug. Die Besatzung von sieben Männern entkam ohne Verletzungen, das Flugzeug ist unbeschädigt."
Soviel mal zur Verlässlichkeit von Zeitzeugenberichten
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Wenn man sich mit dem Flugzeugbau bis 1945 beschäftigt, ist man Widersprüche und Lücken gewöhnt.

Eine Ergänzung zu dieser obigen Bemerkung: ""Auftrag für Entwicklung und Bau Ju 390 V2-V7 mit RM 11.500.000 ging ein. Infolge Streichung der Serie werden die Arbeiten abgebrochen. Ein Teil des Aufwandes muß mit dem Kriegsschädenamt verrechnet werden (Rumpf V2 und Vorrichtungen)".
Mit dem Kriegsschädenamt wurden nur Bombenschäden verrechnet. Also kann man davon ausgehen, dass der Rumpf der V2 bei einem Bombenangriff wenigstens beschädigt, wenn nicht sogar zerstört worden ist. Beim Angriff am 30.05.44 auf Dessau und besonders Junkers gab es erhebliche Beschädigungen im Werk, so auch an den Montage- und Vormontagehallen.

Noch zwei Gedanken, um den Verschwörungstheoretikern bezüglich weiterer Ju 390 den Wind aus den Segeln zu nehmen (obwohl das wahrscheinlich vergebliche Liebesmüh ist):

Die Flugbücher vieler der bei Junkers am Ju 90/290/390-Programm Beteiligten haben glücklicherweise den Krieg überlebt, so z.B. Pancherz, Gast, Dautzenberg, Jacoby, Funke, Joop und Geyling. Da die Ju 390 V2 und weitere Maschinen ja irgendwie eingeflogen werden und wenigstens eine Kurzerprobung im Werk durchlaufen mußten, müßte in den vorliegenden Flugbüchern wenigstens der eine oder andere Flug dokumentiert sein. Es ist aber nichts vorhanden, absolut nichts. Der letzte eingetragene Flug ist der der Ju 390 V1 von Prag-Klezan nach Dessau am 15.11.44 mit Pancherz am Steuer.

Dann noch zwei Dokumente: Mir liegen ca. 66 Lebenslaufakten zur Ju 390 vor, beginnend mit der Nr. 1 vom 19.02.42 bis zum letzten Eintrag (Nr. 66) vom 24.06.44. Diese "Lebensläufe" wurden erstellt von Dipl.-Ing. Hermann Schmidt-Stiebitz aus dem Entwurfsbüro von Junkers. Sie beleuchten in Telegrammform die Entwicklung und Weiterentwicklung der Ju 390 aus Sicht dieser Abteilung. Anbei die beiden letzten Aktenvermerke. Danach wurde die Ju 390 nicht mehr vom Konstruktionsbüro bearbeitet. Das noch als kleiner Hinweis zum Ende der Entwicklung der Ju 390 im Juni 1944.


Und das letzte Dokument. Für den Außenstehenden vielleicht ein wenig Kauderwelsch, es geht u.a. um Waffenstände und zuletzt um die V-Stellungen der Tragfläche. Ist aber auch nicht so wichtig, es soll nur das Ende der Entwicklung dokumentieren.
 
Anhang anzeigen Anhang anzeigen
HoHun

HoHun

Space Cadet
Dabei seit
10.10.2014
Beiträge
1.419
Zustimmungen
2.173
Moin!

Dann noch zwei Dokumente
Danke, die sind sehr spannend! "Ausstauen" lese ich zum ersten Mal ... das muß wohl Trimmen durch Gewichtsverlagerung sein.

Kannst Du Tz-Tz und Tz-TF irgendwie decodieren? Sieht irgendwie nach TF = Tragfläche und Tz = Tragfläche, zusätzliche aus, aber man gibt die V-Form ja meist nicht als Knickwinkel am Übergang an, also ist das wahrscheinlich nicht das passende.

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
Junkers-Peter

Junkers-Peter

Astronaut
Dabei seit
23.06.2006
Beiträge
2.934
Zustimmungen
5.434
Danke, edler Ritter :biggrin:, für den interessanten Fund. Nun sind ja solche Sachen nicht von vornherein glaubwürdiger als andere, aber die Angaben scheinen sinnvoll zu sein.

Ich habe kurz nachgesehen, aber der Flug am 17.01.44 scheint in keinem mir vorliegenden Flugbuch drin zu sein. Wahrscheinlich flog Flugkapitän Hesselbach die Maschine, von dem leider kein Flugbuch mehr existiert. Der nächste mir bekannte Flug ist am 23.01.44 in Prag-Rusin mit Pancherz.

Tz = Tragflächen-Zwischenstück
Tf = ist die große Außentragfläche
Der Flügel der Ju 390 bestand aus zwei Tz (inneres neues Tz mit einem Triebwerk sowie "altes" von Ju 290 übernommenes Tz mit zwei Tw) und dem Tf, also der Außentragfläche
 
Zuletzt bearbeitet:
Thema:

Ju-390

Ju-390 - Ähnliche Themen

  • Embraer KC-390 in der Erprobung schwer beschädigt

    Embraer KC-390 in der Erprobung schwer beschädigt: Der Prototyp der KC-390 ist während der Erprobung schwer beschädigt worden. Während eines ground tests überrollte die Maschine das Ende der...
  • Boeing 747-133 "Air Canada" von Revell in 1:390

    Boeing 747-133 "Air Canada" von Revell in 1:390: Moin :cool: Der Vollständigkeit halber bleibt natürlich auch das FF nicht von meinem neuesten "Machwerk" verschont - aufgrund des kurzfristigen...
  • Embraer KC-390

    Embraer KC-390: Wie seit einem Jahr gerüchteweise bekannt wird Embraer einen Transporter in der Größe zwischen C-130 und C-27J bauen. Die C-390 wird 19t...
  • Ähnliche Themen

    • Embraer KC-390 in der Erprobung schwer beschädigt

      Embraer KC-390 in der Erprobung schwer beschädigt: Der Prototyp der KC-390 ist während der Erprobung schwer beschädigt worden. Während eines ground tests überrollte die Maschine das Ende der...
    • Boeing 747-133 "Air Canada" von Revell in 1:390

      Boeing 747-133 "Air Canada" von Revell in 1:390: Moin :cool: Der Vollständigkeit halber bleibt natürlich auch das FF nicht von meinem neuesten "Machwerk" verschont - aufgrund des kurzfristigen...
    • Embraer KC-390

      Embraer KC-390: Wie seit einem Jahr gerüchteweise bekannt wird Embraer einen Transporter in der Größe zwischen C-130 und C-27J bauen. Die C-390 wird 19t...

    Sucheingaben

    ju 390

    ,

    https://www.flugzeugforum.de/threads/ju-390.91181/

    ,

    junkers ju-390

    ,
    ju390
    , bombenschaden ottakringerstrasse 39, junkers 390, Flieger Joachim eiserman
    Oben