Holger Lorenz
Der Passegier- Jet „152“
Druck- und Verlagsgesellschaft Marienberg mbH, Hardcover, 23x 23 cm, 288 Seiten, 443 s/w, 157 Farbfotos, 88 Abbildungen und Zeichnungen
ISBN 3- 931770-45-1
Preis 29,95 €
Mit dem Flugzeug 152 forderte die kleine DDR die großen Luftfahrtnationen heraus. 1954 war die Idee einer eigenständigen Luftfahrtindustrie geboren. Eine Schnapsidee? Ich denke nicht.
Nach dem Lesen dieses Buches kann man schon erkennen, das da viel politisches Kalkül seitens der UdSSR und der DDR bei der Rückkehr der deutschen Luftfahrspezialisten aus der Sowjetunion, dahintergestanden ist.
Durch die Konzentration auf zivile Verkehrsflugzeuge sollte innerhalb kürzester Zeit das Niveau des Weltmarktes erreicht und ab 1960 mitbestimmt werden. Das dies einen erheblichen finanziellen Einfluss auf den Staatshaushalt der DDR hatte, muss wohl nicht erwähnt werden. Dieser Kraftaufwand wird in den ersten Kapiteln dieses Buches sehr gut dargestellt, einschließlich der Schaffung der baulichen Voraussetzungen am Standort in Dresden. Auch die anderen Standorte wie Karl-Marx-Stadt, Pirna und Ludwigsfelde kommen nicht zu kurz. Das dies alles zu der damaligen Zeit nicht ohne größere und kleinere Probleme abging, wird vom Autor genau herausgearbeitet.
Wer ist der Autor, wer ist Holger Lorenz, woher bezieht er sein Wissen? Diese Auskunft verschweigt er uns. Eine kurze biografische Darstellung und die Beweggründe zu diesem Buch fehlen leider.
Die damalige „Konkurrenz“ der „152“ Mitte der 50er Jahre wird kurz beleuchtet und eigentlich standen die Chancen für so ein Flugzeug gar nicht schlecht. Aber es liest sich schnell heraus, es war nicht das richtige Flugzeug und der Faktor Zeit spielte beim scheitern dieses Vorhabens eine entscheidende Rolle.
Mit dem Start von Sputnik 1 am 4. Oktober 1957 zeichnete sich, noch vor dem Erstflug der „152“, das Ende aller DDR- Luftfahrtträume ab. Eine Feststellung, die ich so noch nicht gelesen habe, aber durchaus nachvollziehbar und nicht von der Hand zuweisen ist. Der Fortschritt der Raketentechnik brachte die sowjetische Flugzeugindustrie erheblich durcheinander.
Der Euphorie des Erstfluges folgte die Katastrophe beim 2. Testflug am 4.März 1959. Fehlerhafte Organisationsstrukturen, sozialistisches Planungswirrwarr und schwerfällige Leitungsstrukturen, ein Wunder das es überhaupt zum Flug der 152 kam. Alles das, wird vom Autor genaustens aufgezeigt und mit einem „erschreckenden“ Detailwissen dargestellt. Spätestens mit dem verhängten Flugverbot der 152/II steckte der DDR- Flugzeugbau technisch und ökonomisch vollends in einer Sackgasse. So war die Auflösung dieses Industriezweiges 1961 zwangsläufig.
Der Autor versteht es, diese ganzen Zusammenhänge spannend zu erzählen und immer wieder mit Fachwissen zu bereichern. Allein die Vielzahl der bis jetzt unveröffentlichten Fotomaterials, ist eine Fundgrube für jeden, der sich für dieses Thema deutscher Luftfahrtgeschichte interessiert. Für alle die, die damals dabei waren und ein Ziele vor Augen gehabt haben, das erste deutsche Turbinenverkehrsflugzeug zu bauen, für die war es ein spannender Lebensabschnitt, für die wird es ein Geschichtsbuch sein, in dem sie ein Stück ihres Lebens wiederfinden. Holger Lorenz erzählt von den Zielen und Hoffnungen der Beteiligten.
Für mich ist es DAS Luftfahrtbuch des Jahres schlechthin, in dem erstmalig mit einer Fülle von Material, das gesamte Thema „Baade152“ komplex abgehandelt wurde.