Die 172 ist eine gewisse Mogelpackung, vor allem in den Versionen bis inkl 160 hp. Warum? Sie suggeriert ein extrem sicheres, sehr simples fliegen. Dies durch ihr überwiegend lammfrommes Flugverhalten und sehr einfache Bedienung.
Leider verschleiert sie damit die Tatsache, dass man sich mit ihr sehr schnell die Karten legen kann.
Vor einer Super Cub, Husky oder auch den stärkeren komplexeren 182 der Arrows haben viele Sportflieger eher Respekt als vor einer 172, die jeder kennt und jeder fliegen kann. Es kann sie auch fast jeder fliegen, nur sie gut und selbst am Limit sicher zu fliegen ist etwas ganz anderes. Leider gerät man mit den schwächeren 172 ern sehr schnell ans Limit. Ich erinnere mich an unzählige Flüge an der Leistungsgrenze dieses Flugzeugtyps.
Die 172 sind aufgrund ihres Profils nicht so anfällig auf das präzise Einhalten der Fahrt, wie es bei Flugeugen mit moderneren Laminarprofilen der Fall ist, die bei bestimmten Gewchwindigkeiten (de facto Anstellwinkeln) extrem viel Wiederstand aufbauen können. Dennoch sind die richtige Bedienung von Klappen und Vergaservorwärmung bei ihr in gewissen Situationen in denen es auf jedes amerikanisches Pferdchen ankommt, enorm wichtig und Gedenksekunden sollte es hier besser nicht geben.
Es wurde schon die Reduzierung der Klappenwinkel von 40 auf 30 Grad bei späteren Versionen angesprochen. Dies hat nicht nur mit dem „negativen Steigen“ zu tun, mit dem man bei Durchstartversuchen mit 40 Grad Klappen konfrontiert werden kann, sondern auch mit der nicht so weit bekannten unangenehmen Eigenschaft, dass es bei 40 Grad Klappen und einer bestimmten Kombination aus Anstellwinkel und Slipwinkel zu einem Strömungsabriss am Höhenleitwerk kommen kann. Viele kennen aus ihren 172 ern den Aufkleber am Panel „avoid Slips with flaps extended“. Es geht hierbei nicht wie viele meinen um die Belastungen der Klappen sondern um die Möglichkeit eines Elevator Stalls. Bei allen 172 ern mit nur 30 Grad Klappen (und der ebenfalls dann verlängerten Rückenfinne) sollte dieser „Spruch“ fehlen. Wen interessiert wann was bei der 172 eingeführt wird kann hier gerne in meiner 172 er Story nachlesen.
Eine gewisse Problematik stellt natürlich die Tatsache dar, dass viele Piloten in der Privatpilotenschiene einerseits einen, wie ja oft gepredigt, schlechten Übungsstand haben, andererseits auch im Gegensatz zu professionellen Crews in HPA Flugzeugen nicht nach Belieben Griffe klopfen und sich an verschiedenste Situationen im Sim heranarbeiten können. Auch das oft Fehlen von standardisierten Verfahren ist nicht förderlich. Zudem kommt dem Thema Desicion Making leider eine viel zu geringe Beachtung zu. Dreht sich im professionellen Bereich EXTREM VIEL (Schulungen, theoretische und praktische Fortbildungen) um das Thema Entscheidungsfindung und Risikobewertung, so fliegt man halt privat gern „einfach mal hin“. Speziell bei leistungsschwachen Maschinen wie der 172 gibt es noch das Problem, dass zwar gerne mal (auch mit Fluglehrern) Gefahrenzustände, Durchstarten etc. geübt werden, aber eben dann NICHT im MTOW Zustand. Somit kommt es immer wieder zu solchen Geschichten: Es wird nicht so viel geflogen, dann fliegt man an Plätze die durchaus anspruchsvoller sind (oder zumindest von der Norm abweichen) und das ganze dann noch in illustrer Runde (sprich nicht allein oder zu zweit), verbaselt hier oder da zunächst eine Kleinigkeit und trifft dann leider (vielleicht mangels ausführlicherer Vorbereitung) schlicht und einfach in den wenigen zur Verfügung stehenden Momenten die falsche Entscheidung. Außerordentlich menschlich. Leider immer wieder tragisch endend (diese Gedanken nun allgemein gehalten, nicht auf die beteiligten Personen dieses Unfalls bezogen). Eine weitere Beurteilung steht mir nicht zu. Das wird die BFU und die Staatsanwaltschaft tun.