Seerechtsübereinkommen
der Vereinten Nationen
Abgeschlossen in Montego Bay am 10. Dezember 1982
Art. 2 Rechtsstatus des Küstenmeers, des Luftraums über dem Küstenmeer und des Meeresbodens und Meeresuntergrunds des Küstenmeers
1. Die Souveränität eines Küstenstaats erstreckt sich jenseits seines Landgebiets und seiner inneren Gewässer sowie im Fall eines Archipelstaats jenseits seiner Archipelgewässer auf einen angrenzenden Meeresstreifen, der als Küstenmeer bezeichnet wird.
2. Diese Souveränität erstreckt sich sowohl auf den Luftraum über dem Küstenmeer als auch auf den Meeresboden und Meeresuntergrund des Küstenmeers.
3. Die Souveränität über das Küstenmeer wird nach Massgabe dieses Übereinkommens und der sonstigen Regeln des Völkerrechts ausgeübt.
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Art. 3 Breite des Küstenmeers
Jeder Staat hat das Recht, die Breite seines Küstenmeers bis zu einer Grenze festzulegen, die höchstens zwölf Seemeilen von den in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen festgelegten Basislinien entfernt sein darf.
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Art. 6 Riffe
Bei Inseln, die sich auf Atollen befinden oder von Riffen gesäumt sind, ist die Basislinie für die Messung der Breite des Küstenmeers die seewärtige Niedrigwasserlinie des Riffes, wie sie durch das entsprechende Symbol auf den vom Küstenstaat amtlich anerkannten Seekarten angegeben ist.
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Art. 17 Recht der friedlichen Durchfahrt
Vorbehaltlich dieses Übereinkommens geniessen die Schiffe aller Staaten, ob Küsten- oder Binnenstaaten, das Recht der friedlichen Durchfahrt durch das Küstenmeer.
Art. 18 Bedeutung der Durchfahrt
1. «Durchfahrt» bedeutet die Fahrt durch das Küstenmeer zu dem Zweck:
a)es ohne Einlaufen in die inneren Gewässer oder Anlaufen einer Reede oder Hafenanlage ausserhalb der inneren Gewässer zu durchqueren; oderb)in die inneren Gewässer einzulaufen oder sie zu verlassen oder eine solche Reede oder Hafenanlage anzulaufen oder zu verlassen.
2. Die Durchfahrt muss ohne Unterbrechung und zügig erfolgen. Die Durchfahrt schliesst jedoch das Anhalten und Ankern ein, aber nur insoweit, als dies zur normalen Schifffahrt gehört oder infolge höherer Gewalt oder eines Notfalls oder zur Hilfeleistung für Personen, Schiffe oder Luftfahrzeuge in Gefahr oder Not erforderlich wird.
Art. 19 Bedeutung der friedlichen Durchfahrt
1. Die Durchfahrt ist friedlich, solange sie nicht den Frieden, die Ordnung oder die Sicherheit des Küstenstaats beeinträchtigt. Die Durchfahrt hat in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen und den sonstigen Regeln des Völkerrechts zu erfolgen.
2.
Die Durchfahrt eines fremden Schiffes gilt als Beeinträchtigung des Friedens, der Ordnung oder der Sicherheit des Küstenstaats, wenn das Schiff im Küstenmeer eine der folgenden Tätigkeiten vornimmt:
a)
Drohung mit Gewalt oder Gewaltanwendung, die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit des Küstenstaats gerichtet ist oder sonst die in der Satzung der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätze des Völkerrechts verletzt;
b)
eine Übung oder ein Manöver mit Waffen jeder Art;
c) eine Handlung, die auf das
Sammeln von Informationen zum Schaden der Verteidigung oder Sicherheit des Küstenstaats gerichtet ist;
d) eine
Propagandahandlung, die auf die Beeinträchtigung der Verteidigung oder Sicherheit des Küstenstaats gerichtet ist;
e) das
Starten, Landen oder Anbordnehmen von Luftfahrzeugen;
f) das Aussetzen, Landen oder Anbordnehmen von militärischem Gerät;
g) das Laden oder Entladen von Waren, Zahlungsmitteln oder Personen entgegen den Zoll- und sonstigen Steuergesetzen, Einreise- oder Gesundheitsgesetzen und diesbezüglichen sonstigen Vorschriften des Küstenstaats;
h) eine vorsätzliche schwere Verschmutzung entgegen diesem Übereinkommen;
i) Fischereitätigkeiten;
j) Forschungs- oder Vermessungsarbeiten;
k) eine Handlung, die auf die Störung eines Nachrichtenübermittlungssystems oder anderer Einrichtungen oder Anlagen des Küstenstaats gerichtet ist;
l) eine
andere Tätigkeit, die nicht unmittelbar mit der Durchfahrt zusammenhängt.
Art. 20 Unterseeboote und andere Unterwasserfahrzeuge
Unterseeboote und andere Unterwasserfahrzeuge müssen im Küstenmeer über Wasser fahren und ihre Flagge zeigen.
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Art. 23 Fremde Schiffe mit Kernenergieantrieb und Schiffe, die nukleare oder sonstige ihrer Natur nach gefährliche oder schädliche Stoffe befördern
Fremde Schiffe mit Kernenergieantrieb und Schiffe, die nukleare oder sonstige ihrer Natur nach gefährliche oder schädliche Stoffe befördern, müssen bei der Ausübung des Rechts der friedlichen Durchfahrt durch das Küstenmeer die Dokumente mitführen und die besonderen Vorsichtsmassnahmen beachten, die in internationalen Übereinkünften für solche Schiffe vorgeschrieben sind.
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Art. 25 Schutzrechte des Küstenstaats
1. Der Küstenstaat kann in seinem Küstenmeer die erforderlichen Massnahmen ergreifen, um eine nichtfriedliche Durchfahrt zu verhindern.
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Art. 30 Nichteinhaltung der Gesetze und sonstigen Vorschriften des Küstenstaats durch Kriegsschiffe
Wenn ein Kriegsschiff die Gesetze und sonstigen Vorschriften des Küstenstaats über die Durchfahrt durch das Küstenmeer nicht einhält und eine ihm übermittelte Aufforderung, sie einzuhalten, missachtet, kann der Küstenstaat von dem Kriegsschiff verlangen, das Küstenmeer sofort zu verlassen.
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Art. 33 Anschlusszone
1. In einer an sein Küstenmeer angrenzenden Zone, die als Anschlusszone bezeichnet wird, kann der Küstenstaat die erforderliche Kontrolle ausüben, um:
a) Verstösse gegen seine Zoll- und sonstigen Steuergesetze, Einreise- oder Gesundheitsgesetze und diesbezüglichen sonstigen Vorschriften in seinem Hoheitsgebiet oder in seinem Küstenmeer zu verhindern;
b) Verstösse gegen diese Gesetze und sonstigen Vorschriften, die in seinem Hoheitsgebiet oder in seinem Küstenmeer begangen worden sind, zu ahnden.
2.
Die Anschlusszone darf sich nicht weiter als 24 Seemeilen über die Basislinien hinaus erstrecken, von denen aus die Breite des Küstenmeers gemessen wird.
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Art. 46 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Übereinkommens:
a)...
b) bedeutet «Archipel» eine Gruppe von Inseln einschliesslich Teilen von Inseln, dazwischenliegende Gewässer und andere natürliche Gebilde, die so eng miteinander in Beziehung stehen, dass diese Inseln, Gewässer und anderen natürlichen Gebilde eine wirkliche geographische, wirtschaftliche und politische Einheit bilden, oder die von alters her als solche angesehen worden sind.
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Art. 60 Künstliche Inseln, Anlagen und Bauwerke in der ausschliesslichen Wirtschaftszone
1.
In der ausschliesslichen Wirtschaftszone hat der Küstenstaat das ausschliessliche Recht zur Errichtung sowie zur Genehmigung und Regelung der Errichtung, des Betriebs und der Nutzung von:
a) künstlichen Inseln;
b) Anlagen und Bauwerken für die in Artikel 56 vorgesehenen und für andere wirtschaftliche Zwecke;
c) Anlagen und Bauwerken, welche die Ausübung der Rechte des Küstenstaats in der Zone beeinträchtigen können.
2.
Der Küstenstaat hat über diese künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerke ausschliessliche Hoheitsbefugnisse, einschliesslich derjenigen in Bezug auf Zoll- und sonstige Steuergesetze, Gesundheits-, Sicherheits- und Einreisegesetze und diesbezügliche sonstige Vorschriften.
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4. Der Küstenstaat kann, wo es notwendig ist, um diese künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerke angemessene Sicherheitszonen einrichten, in denen er geeignete Massnahmen ergreifen kann, um die Sicherheit der Schifffahrt sowie der künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerke zu gewährleisten.
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