Seitenstabilität: V-Flügel und mehr

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fanavion

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Angeregt dieses Thema zu eröffnen wurde ich durch einen Artikel im AAHS Journal 3/2016, der sich mit dem Werk des englischen Forschers George Cayley befasst. Dieser hatte bereits Anfang des 19. Jahrhundert flugfähige Segelflugmodelle entwickelt, die im Prinzip der heutigen flugmechanischen Auslegung eines Flugzeugs entsprachen.

Die grundlegende Wirkung der V-Stellung auf die Seitenstabilität ist mir aus Flugmechanik-Lehrbüchern wohl bekannt aber die Aussage, daß Calyley (ich übersetzte) ...entdeckte, daß die Fläche des Flügels nahe am Rumpf einen größeren Auftrieb erzeugen würde als der Abschnitt weiter außen, machte mich stutzig, wie auch die Bemerkung, daß durch diese Anordnung auch der Schwerpunkt unter das Zentrum des Flügels zu liegen kommt und damit die Gesamtstabilität weiter verstärkte.

Die unterschiedliche Auftriebserzeugung des Innen- und Außenflügels scheint eine unglückliche Formulierung des Autors zu sein, der wohl ein Historiker ist. Ich habe über so einen Effekt der V-Form keinen Hinweis in meinen Büchern und im Internet gefunden.

Was den Einfluß der Lage des Schwerpunkt auf die Seitenstabilität betrifft, so gibt es verschiedene Meinungen. In vielen Quellen wird von einer Pendelstabilität gesprochen.

In meinen wissenschaftlichen Flugmechanik-Büchern kommt die tiefe Lage des Schwerpunkts als Ursache eine höheren Seitenstabilität nicht vor. Von Einfluß ist allerdings der Anteil der Netto-Fläche des Seitenleitwerks (und Rumpfes) oberhalb des Schwerpunkts, d.h. heißt der Längsachse.

Im PPRuNe Forum widerlegt das Mitglied AussieAirman im Thema There is no such thing as "pendulum stability" ..... den angeblichen Pendeleffekt.

Steve Seibel erklärt in Aeroexperiments auch, daß es keinen Pendeleffekt gibt. http://www.aeroexperiments.org/AEPpendulum.shtml

Wohingegen es in unserem Forum im Thema Flugeigenschaften Knickflügler heißt

Das kann ich aus meiner langjährigen Modellflugerfahrung bestätigen. Hochdecker sind "von Natur aus" stabiler um die Längsachse als Tiefdecker, weil der Grossteil des Gewichts sozusagen "unter der Fläche hängt".
und
Ein Hochdecker bedarf weniger V-Stellung, da wie bereits erwähnt der "Schwerpunkt" unter dem Flügel hängt. Man spricht von Eigenstabilität.
David Ogilvy schreibt in seinem Buch: Pilot Flying Facts, ich übersetzte: Im Falle eines Hochdeckers bei dem der Flügel beträchtlich weit über dem Schwerpunkt liegt, gibt es einen Pendeleffekt wenn die Maschine schiebt, was die Maschine dazu streben lässt wieder ins Lot zu kommen.

In dem wissenschaftlichen Aufsatz Modelling the flight dynamics of the hang glider, wird deutlich darauf hingewiesen, daß bei Hängegleitern der seitliche Pendeleffekt der Masse des Piloten die Rollstabilität erhöht, das Thema wird aber nicht weiter ausgeführt.

Was ist nun richtig ?

Wer von Euch kann die im o.g Aufsatz über Hängegleiter die dort aufgestellten Bewegungsgleichugen daraufhin analysieren ob der "Pendeleffekt" darin berücksichtigt wird oder nur qualitativ aufgeführt wird.

Ich habe den Eindruck, daß bei der Begründung des Pendeleffekt meist davon ausgegangen wird, daß die Auftriebskraft am Befstigungspunkt des Flügels angreift und nicht im Schwerpunkt. Oder das sich der Schwerpunkt gewissermaßen um diesen Angriffspunkt dreht. Kann man bei einem Flugzeug überhaupt von einem Pendel sprechen.

Vielleicht ist in machen Quellen mit dem Begriff Pendeleffekt auch nur eine Umschreibung dafür gemeint, daß beim Hochdecker im allgemeinen die seitliche Anströmfläche oberhalb der Längsachse größer ist als die unterhalb (extrem Catalina Flugboot) und somit beim Schieben in Richtung des hängenden Flügels ein aufrichtendes Moment ensteht ebenso wie "üblicherweise" am Seitenleitwerk.

Das Hochdecker bei gleichem V-Winkel stabiler um die Längsachse sind als Tiefdecker ist ja auch dadurch begründet, daß beim Schiebeflug die Strömungsverhältnisse am Flügel-Rumpfübergang den Auftrieb am hängenden Flügel gegenüber dem anderen erhöhen, beim Tiefdecker erniedrigen.
 
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Hallo,
man verwendet halt gerne einfache Denkmodelle zur Erklärung. Und das Pendel kennt jeder. Leider wird dabei vergessen, daß zum Pendel auch seine Achse gehört. Und das Pendel durch seine Lagerung gezwungen ist, sich um genau diese Achse zu drehen. Die Rückstellkräfte, die dann zum Pendeleffekt führen, greifen am Schwerpunkt, also mit einem Abstand von der Drehachse an.
Anders beim Flugzeug, es ist nirgendwo aufgehängt. Um welche Achsen dreht es sich? Nicht nur per Definition, sondern aufgrund mechanischer Gesetze um Achse(n), die durch den Schwerpunkt gehen. Wo greift die Schwerkraft an? Am Schwerpunkt. Damit kein Abstand von der Drehachse und kein Pendeleffekt (Ich weiß, der Schwerpunkt ist auch nur ein Denkmodell, er bildet das ganze aber sehr gut ab).

Die Stabilität um die Längsachse, warum Hochdecker weniger V-Form brauchen (Und die richtig dicken Hochdecker sogar negative V-Stellung haben) sind interessante mechanische Sachverhalte. Die Erklärungen haben Anströmverhältnisse und (Schiebe-)Winkel, Abschattungen und Kopplungen verschiedener Bewegungen zur Grundlage. Und sind richtig spannend.

gero
 
fanavion

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.....und sind richtig spannend.

Bestätigt :smile1:
 

arneh

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Die grundlegende Wirkung der V-Stellung auf die Seitenstabilität ist mir aus Flugmechanik-Lehrbüchern wohl bekannt aber die Aussage, daß Calyley (ich übersetzte) ...entdeckte, daß die Fläche des Flügels nahe am Rumpf einen größeren Auftrieb erzeugen würde als der Abschnitt weiter außen, machte mich stutzig,
...

Die unterschiedliche Auftriebserzeugung des Innen- und Außenflügels scheint eine unglückliche Formulierung des Autors zu sein, der wohl ein Historiker ist. Ich habe über so einen Effekt der V-Form keinen Hinweis in meinen Büchern und im Internet gefunden.
Nööö, das hat ziemlich sicher nichts mit der V- Form zu tun, sondern entspringt der elliptischen Auftriebsverteilung am Flügel. Das liegt ganz grob gesagt einfach daran, das an der Flügelaußenseite eine Ausgleichsströmung zwischen Tragflügelunterseite (erhöhter statischer Druck) und der Oberseite (reduzierter statischer Druck) über den Randbogen erfolgt.

Eine starke V- Form könnte diesen Effekt allerdings potenziell etwas verstärken da sie eine generelle Strömung in Richtung Randbogen begünstigt.
 
fanavion

fanavion

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Das ist der ausführliche Text im Original

Building and testing the glider led Cayley to develop two aerodynamic design features that remain in use today, the dihedral and the cambered wing. The dihedral refers to the shape of the wing when viewing it from the front as shown in figure 8.67. The wing forms a shallow ' V' with the fuselage at the center or lowest point. Cayley discovered that the area of the wing closest to the fuselage would provide greater lift while the section farthest from the center created less lift. The asymmetric lift enhanced lateral stability in two ways. When the glider was shifted, either by intentional control or by wind gust, the dihedral had a natural tendency to return to level. This configuration also placed the center of gravity below the center of the wing further enhancing overall stability.​

Ich glaube nach wie vor, daß der Autor sich hier sich nur falsch ausdrückt. Ich will deswegen und wegen einer anderen Stelle im Text mit dem Autor Kontakt aufnehmen. Ich bin dabei zunächst weiterverwiesen worden und hoffe, daß er sich bald meldet.
 
Sparrowhawk

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Ist schon spannend: Ich hatte das bisher so verstanden, dass es vom Verhältnis des Auftriebsmittelpunktes zum Schwerpunkt abhängt. Je näher die beiden zueinander liegen, desto agiler um die Längsachse ist das Flugzeug. Wenn der Auftriebsmittelpunkt oberhalb des Schwerpunktes liegt, stabilisiert sich das Flugzeug schneller bei Störungen um die Längsachse.

Hat man mir Blödsinn erzählt oder habe ich etwas völlig falsch verstanden? :confused1:
 

Flusirainer

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Also ich habe mal irgendwo gelesen, das eine positive V-Stellung dazu führt, das sich das Flugzeug aus geringer Querneigung wieder selbstständig in einen neutralen Bank-Angel bewegt.

Der Grund soll wohl sein, das die kurveninnere Tragfläche, ihrer waagerechteren Ausrichtung wegen, einen etwas größeren, senkrechten, Auftriebswert erzeugt. Bei Querneigungen darüber hinaus niviliert sich der Unterschied wieder, weil hier die größere Umfangsgschwindigkeit der äußeren Tragfläche den geringeren Auftrieb wieder ausgleicht.



Was ich mich da frage, wie haben das die Russen mit ihren Tupolews hinbekommen?
Tiefdecker + negative V-Stellung.
 

wilco

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Hallo zusammen!

Die Akribie, mit der fanavion hier seinen und den Gedanken eines ungenannten Autors in einer Zeitschrift in vielfach verästelter Weise nachspürt, läßt mich befürchten, eher in einen Sumpf zu geraten, als etwas wesentliches zur Aufklärung beitragen zu können.

Aber, mit aller Vorsicht, nähere ich mich von außen, und versuche dabei, auf festem Grund zu bleiben.

These 1:
Aus der eher barocken Formgebung der meisten bekannten Flugzeugentwürfe von Cayley lassen sich die in der Zeitschrift gezogenen Schlüsse kaum ableiten. Ich fand nur einen Entwurf mit einem Rechteckflügel von niedrigem Seitenverhältnis, der unserem Begriff eines Flugzeuges wenigstens nahekommt, und ausgerechnet der zeigt so gut wie keine V-Form. Und, nebenbei, auch keinerlei Schränkung, so daß man mit der elliptischen Auftriebsverteilung hier gar nicht erst zu argumentieren braucht.

These 2:
Eine Konzentration des Auftriebs um die Flügelmitte macht Flugzeuge wendiger um die Längsachse, weil die Ruderkräfte der Querruder so besser zur Wirkung kommen. Jeder ka6-Flieger weiß, wie ich das meine. Nun ist "Wendigkeit" aber ein Gegenkonzept zur Stabilität. Daher ist die These aus der Zeitschrift doppelt zweifelhaft.

These 3:
Die V-Form bewirkt, daß sich in unbalancierten Schräglagen, also ohne zentrifugalen Ausgleich, unterschiedlich starke Aufriebskomponenten entgegen der Schwerkraft ergeben. Das Ergebnis ist die angestrebte Rückstellkraft = Querstabilität. (nicht "Seitenstabilität", das ist ein Übersetzungsfehler!)

These 4:
Der AussieAirman hat nur vordergründig Recht. "There is no such Effect" – jedenfalls im sauberen Geradeausflug und einer sauber geflogenen Kurve. Da steht der Auftriebsvektor immer diametral auf dem Vektor von Gewichts- oder Scheingewichtskraft und es werden keine Seitenkräfte erzeugt, die dann im zweiten Schritt ein aufrichtendes Moment ergeben könnten. Und er hat nur Recht für den Fall, daß der Massenschwerpunkt und der Auftriebsmittelpunkt zusammenfallen. Das sind schon eine Menge Voraussetzungen!

These 5:
Sobald der Auftriebsmittelpunkt höher liegt als der Massenschwerpunkt, bekomme ich bei unsauberen Manövern z. B. einer durch Böen induzierten Rollbewegung, selbstverständlich ein Rückstellmoment. Ergo: Stabilität! Wie sollte ich diesen Effekt anders nennen als Pendelwirkung? Man muß ihn nur herausarbeiten und von anderen Effekten sauber getrennt halten.

These 6:
Die Praxis schlägt die Aussie-Theorie. Warum haben denn die wirklich großen Transportflugzeuge eine negative V-Form? Weil sie sich sonst vor lauter (Pendel-)Stabilität nicht mehr auf die Backe legen und um die Ecke wollen! Ebenso der Alfajet, als Hochdecker wäre er zu stabil und zu wenig wendig, also gab man ihm das negative V. Fazit: Pendelstabilität existiert, aber als einer von mehreren beitragenden Effekten.
 
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Flusirainer

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Naja, das bischen Kabinenrest und Verkleidungstunnel, oberhalb der Tragfläche, macht Schwerpunktmäßig sicherlich nicht allzuviel her.
 
fanavion

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Die Akribie, mit der fanavion hier seinen und den Gedanken eines ungenannten Autors in einer Zeitschrift in vielfach verästelter Weise nachspürt, läßt mich befürchten, eher in einen Sumpf zu geraten, als etwas wesentliches zur Aufklärung beitragen zu können.
Ich habe den Artikel von Kenneth Sabel , der im AAHS Journal abgedruckt ist eigentlich nur angeführt um zu meinem Thema einzuleiten. Die Eröffnung eines Themas zur Seitenstabilität hatte ich schon früher vorgehabt aber bisher nicht verwirklicht. Über das Werk von Cayley selbst wollte ich hier eigentlich nicht diskutieren. Eine eingehende Diskussion des Artikels ist ohnehin kaum möglich solange er den Teilnehmern nicht vorliegt.

Ich wollte eigentlich nur ausdrücken daß mich einige Aussagen in dem Artikel von Kenneth Sabel dazu bewogen haben wieder mit Flugdynamik zu befassen. Seit ich mich nicht mehr mit dem Flugsimulatoren von Microsoft beschäftige hatte ich das weitgehend eingestellt. Mich interessierte zunächst grundsätzlich, die auch dort angesprochene Frage der Pendelstabilität, über die ich keine eindeutigen Aussagen in der Fachliteratur finde.

Über die anderen Ursachen der Seitenstabilität (Querstabilität + Richtungsstabilität, die hängen in der Praxis untrennbar miteinender zusammen) wollte ich durchaus dann später auch noch dsikutieren. Jetzt sind wir auch schon mittendrin in dem wie oben gesagt spannenden Thema.

Der (Wissens-) Stand der Technik bezüglich des Wiederaufrichtens aus der Schräglage ist wie folgt:

Neigt sich aufgrund einer Störung oder eine kurzeitgen Steuereingabe im ausgetrimmten Flug der Flieger nach einer Seite so neigt sich die Auftriebskaft sozusagen mit und steht der Gewichtskraft nicht mehr in einer Linie gegenüber. Das heißt, der Flieger sinkt und bewegt sich gleichzeitig zur Seite, er schiebt.

Diese Schieben ist letzlich die Ursache für das Aufrichten des Fliegers.

(1) Bei der positiven V-Form erhält der hängende Flügel einen größeren Anstellwinkel als der gegenüberliegende, der Flieger dreht zurück.

(2) Auf das Seitenleitwerk wirkt durch das Schieben eine Seitenkraft. Ist die Fläche oberhalb der Längsachse größer als die Fläche die unterhalb liegt gibt es ebenfalls ein Moment, das den Flieger aufrichtet.

(3) Ähnliches gilt für alle anderen Rumpf-Flächen auf die die Seitenkraft wirkt, je nach Form des Fliegers.

(4) Beim Hochdecker führen die Strömungsverhältnisse am Rumpf-Übergang zu einer stärkeren Anströmung des Flügels was auch ein Rückstell-Moment zur Folge hat. Bilder zur Erläuterung

(5) Beim Pfeilflügel gibt es beim Schieben ebenfalls ein Moment, das den Flieger wieder aufrichten will. Beim außen liegende Flügel geht der Pfeilwinkel gewissermaßen zurück und der Auftrieb wird größer, beim in Richtung des Schiebens liegenden Flügel wird die Pfeilung in Bezug auf die Anströmung erhöht und der Auftrieb wird kleiner.

Das Bild ist aus dem Buch Stick and Rudder von W. Langewiesche und zeigt wie die Anströmung einen Flieger beim Schieben "sieht".
 
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Also ich habe mal irgendwo gelesen, das eine positive V-Stellung dazu führt, das sich das Flugzeug aus geringer Querneigung wieder selbstständig in einen neutralen Bank-Angel bewegt.
Das ist (unter gewöhnlichen Bedingungen) richtig und wird als Querstabilität (oder Rollstabilität) bezeichnet.

Der Grund soll wohl sein, das die kurveninnere Tragfläche, ihrer waagerechteren Ausrichtung wegen, einen etwas größeren, senkrechten, Auftriebswert erzeugt.
Das ist eine populäre, aber falsche Erklärung. Der Auftrieb entsteht an der Tragfläche senkrecht zur Luftströmung. Bei gedrehtem (rollendem) Flugzeug dreht die Auftriebsrichtung mit. Es ergibt sich dadurch kein rückdrehendes Moment.

Die zutreffende Erklärung ist etwas kniffliger. Durch das Rollen (drehen um die Längsachse) dreht sich die Auftriebsrichtung aus der Senkrechten, es entsteht eine seitliche Kraftkomponente, die das Flugzeug in eine Kurve zwingt. Diese Kurve ist aber nicht koordiniert, sondern sie "schiebt" (Die Längsachse zeigt ja nicht in Kurvenrichtung, sondern immer noch genau dahin, wo sie vorher hingezeigt hatte, also nach außen). Die Tragfläche wird durch dieses Schieben schräg angeströmt. Dabei ist (durch die V-Stellung) am "inneren" (dem abgesunkenen) Flügel der Anstellwinkel (und damit der Auftrieb) etwas größer als beim "äußeren". Zusätzlich schattet der Rumpf den "Außenflügel" ein wenig ab. Dieser Auftriebsunterschied ergibt das Rückdrehmoment.

Das ganze heißt im übrigen "Schiebe-Roll-Kopplung".

Was ich mich da frage, wie haben das die Russen mit ihren Tupolews hinbekommen?
Tiefdecker + negative V-Stellung.
Ein Pfeilflügel bringt in diese Mechanik noch einige weitere Parameter hinein. das ist dann schon fast ein Thema für Fortgeschrittene...


Ob der Autor, um den es im ersten Posting geht, diese Mechanismen verstanden hatte wird möglicherweise ein Rätsel bleiben.

gero


P.S. Ich seh grad, unsere Antworten haben sich überschnitten, Pendelstabilität ist ein Mythos, zumindest solange das Flugzeug nicht irgendwo aufgehängt ist...

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(4) Beim Hochdecker führen die Strömungsverhältnisse am Rumpf-Übergang zu einer stärkeren Anströmung des Flügels was auch ein Rückstell-Moment zur Folge hat. Der gegenüberloegende Flügel ist abgeschirmt. Bei Tiefdecker ist es umgekehrt.
Was ist da beim Tiefdecker umgekehrt? in beiden Fällen schirmt der Rumpf den "Außenflügel" ab, einmal die Unterseite stärker (Hochdecker) einmal die Oberseite (Tiefdecker).

gero
 
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Einverstanden. Ich lasse die beiden letzten Sätze weg. "Der gegenüberliegende Flügel ist abgeschirmt. Bei Tiefdecker ist es umgekehrt. "
Ich werde sie oben editieren.

Es genügt: Beim Hochdecker führen die Strömungsverhältnisse am Rumpf-Übergang zu einer stärkeren Anströmung des Flügels was auch ein Rückstell-Moment zur Folge hat.

Es gibt nichts Schwereres als komplizierte Sachverhalte einfach auszudrücken.

Diese Bilder erläutern den Effekt vielleicht besser.
 
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Zitat von Flusirainer:

"Der Grund soll wohl sein, das die kurveninnere Tragfläche, ihrer waagerechteren Ausrichtung wegen, einen etwas größeren, senkrechten, Auftriebswert erzeugt".

Das ist eine populäre, aber falsche Erklärung. Der Auftrieb entsteht an der Tragfläche senkrecht zur Luftströmung. Bei gedrehtem (rollendem) Flugzeug dreht die Auftriebsrichtung mit. Es ergibt sich dadurch kein rückdrehendes Moment.

Na mal langsam... ich denke, flusirainer hat durchaus Recht.

Wir sind im Geradeausflug. Die Auftriebsrichtung steht auf den Flügel bezogen senkrecht, bei einer V-Form also auf beiden Seiten zum Rumpf hin geneigt. Bei einer Rollbewegung kippt der Vektor von tieferen Flügel mehr in die Senkrechte, der vom gehobenen Flüger weiter aus der Senkrechten. Daraus ergibt sich eine Differenz in der senkrechten Komponente und damit - ein rückdrehendes Moment.

Bevor der gedrehte (gekippte) Auftriebsvektor das Flugzeug seitwärts beschleunigt hat und die seitliche Anströmung zur Geltung kommt, was sie bei extremerer Auslenkung natürlich tun wird, hat die Auftriebsdifferenz das Flugzeug längst wieder gerade gedreht. Das ist Stabilität!
 
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Na mal langsam... ich denke, flusirainer hat durchaus Recht.

Wir sind im Geradeausflug. Die Auftriebsrichtung steht auf den Flügel bezogen senkrecht, bei einer V-Form also auf beiden Seiten zum Rumpf hin geneigt. Bei einer Rollbewegung kippt der Vektor von tieferen Flügel mehr in die Senkrechte, der vom gehobenen Flüger weiter aus der Senkrechten. Daraus ergibt sich eine Differenz in der senkrechten Komponente und damit - ein rückdrehendes Moment.
Langsam kann in der Fliegerei durchaus gefährlich sein. :wink2:

Im Ernst, da versteckt sich ein Trugschluss. Eine Drehbewegung wird durch ein Drehmoment verursacht. Berechnet sich Kraft mal Hebelarm. Durch das Drehen des Flugzeugs um den Schwerpunkt ändert sich weder die Kraftgröße (Auftrieb), noch der Hebelarm. Also auch nicht das Drehmoment. Den Auftriebskräften ist es schlicht egal, wo die Senkrechte ist.

gero

P.S.
Dreh den Flieger mal gedanklich in die Messerfluglage. Die Auftriebsvektoren drehen sich mit. Hat da dann einer eine rückdrehende Wirkung? Warum? Beide Flächen erzeugen den Gleichen Auftrieb, am gleichen Hebel. Da dreht sich nix.

gero
 
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Wir sind im Geradeausflug. Die Auftriebsrichtung steht auf den Flügel bezogen senkrecht, bei einer V-Form also auf beiden Seiten zum Rumpf hin geneigt. Bei einer Rollbewegung kippt der Vektor von tieferen Flügel mehr in die Senkrechte, der vom gehobenen Flüger weiter aus der Senkrechten. Daraus ergibt sich eine Differenz in der senkrechten Komponente und damit - ein rückdrehendes Moment.
Egal wie der Flügel zur Senkrechten, d.h. zur Außenwelt steht. Im System Flugzeug bleibt die Größe der Auftriebskräfte gleich. Es gibt also keine Momente durch unterschiedliche Auftriebskräfte. Was sich bei einer Querlage gegenüber der Außenwelt ändert ist der Winkel zur Gewichtskraft. Der Flieger sinkt und es gibt eine seitliche Komponente . Dies führt zum Schieben, wobei beim V-Flügel der in Schieberichtung zeigende Flügel einen größeren Anstellwinkel und somit größeren Auftrieb als der Gegenflügel erzeugt. Erst das gibt ein rückdrehendes Moment.
 
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Natürlich drehen sich die Auftriebsvektoren mit, völlig d'accord! Nur haben wir senkrecht auf jedem Flügel einen Vektor, und die sind, wegen der V-Stellung, gegeneinander geneigt.

Bei einer Rollbewegung wird durch die Winkelstellung die senkrechte Komponente der Auftriebsvektoren auf einer Seite größer, auf der anderen Seite kleiner! Die senkrechte Komponente versucht uns in der Luft zu halten, die horizontale erzeugt das Schieben, richtig? Denn wir sind ja nicht in der Kurve. Und die unterschiedlich großen senkrechten Komponenten drehen mir meinen Flieger schön wieder grade.
 

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Denn wir sind ja nicht in der Kurve.

So meinte ich das ja. Eine geringe Querneigung, sprich, so gering, das sie noch keine, bzw nur eine extrem geringfügige, nicht wahrnehmbare, Seitwärtsbewegung zur Folge hat.
 
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Natürlich drehen sich die Auftriebsvektoren mit, völlig d'accord! Nur haben wir senkrecht auf jedem Flügel einen Vektor, und die sind, wegen der V-Stellung, gegeneinander geneigt.

Bei einer Rollbewegung wird durch die Winkelstellung die senkrechte Komponente der Auftriebsvektoren auf einer Seite größer, auf der anderen Seite kleiner! Die senkrechte Komponente versucht uns in der Luft zu halten, die horizontale erzeugt das Schieben, richtig? Denn wir sind ja nicht in der Kurve. Und die unterschiedlich großen senkrechten Komponenten drehen mir meinen Flieger schön wieder grade.
Du meinst senkrecht zum Erdboden ? Ich glaube nicht, daß man die Auftriebskräfte willkürlich zerlegen und dann noch von Momenten sprechen kann. Per Definition greifen die Kräfte bei einem Moment doch senkrecht am Hebelarm an. Auch wenn die Auftriebsvektoren beim V-Flügel gegenüber der Flugzeug-Hochachse geneigt sind wirken sie dennoch senkrecht zur Tragfläche.

Wenn Auftriebskräfte bei einem Flügel Momente erzeugen sind sie an beiden Flügel verschieden, z.B. beim einseitigem Strömungsabriss. Oder eben beim Schieben eines V-Flügels.

Könntest Du Deine Vektorzerlegungen bitte mal aufzeichnen ?
 
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