Cessna C-303 und T303 Crusader / Teil I
Cessna C-303, T303 Crusader
Am Anfang dieses heute noch sehr beliebten, zweimotorigen Reiseflugzeuges stand mal wieder der Druck auf Cessna auf Erfolg versprechende Muster anderer Hersteller zu reagieren. Dies führte mit dem Modell T303 zum dem bis zum Erscheinen der Diamond DA 42 modernsten zweimotorigen Flugzeugentwurf mit Kolbenmotoren. Wie wir sehen werden, verfügt die T303 über mit die ausgefeilteste Aerodynamik unter sämtlichen 2-Mots und damit auch über nahezu perfekte Flugeigenschaften.
Doch am Beginn lagen einige Steine im Weg…
Die Reaktion auf die leichten Trainingsflugzeuge Beech 76 „Duchess“ und Piper PA 44 „Seminole“ sowie auf die später als nicht großer Wurf geltende Grumman-American GA-7 „Cougar“ sollte ein „light-light-Design“ werden. Cessna vergab für diese Maschine die Bezeichnung C-303. Der Prototyp dieser leichten (3.600 lbs Abfluggewicht) und mit zwei Lycoming O-360-A á 160 hp leistenden Kolbenmotoren angetriebenen Maschine wurde in den Jahren 1977 und 1978 gebaut. Neben extremem Leichtbau besaß die Maschine als augenscheinliche Konstruktionsmerkmale ein Kreuzleitwerk, sehr eckige Motorgondeln sowie ein nicht ganz einziehbares Hauptfahrwerk. Als Flügelprofil kam ein modifiziertes NASA GA(W)-2 Profil mit einem Dickenverhältnis von 17 % zum Einsatz.
Der Erstflug der C-303 erfolgte am 14. Februar 1978. Bruce G. Barnett führte die Maschine durch den Jungfernflug. Leider erwies sich die Maschine aerodynamisch und konstruktiv nicht auf dem gewünschten Niveau: Der Luftwiderstand war vor allem durch Einsatz des von Dr. Whitcomb stammenden GA(W)-2 Profils zu hoch und die 160 hp Motoren waren mit der 4-sitzigen Maschine kurzerhand überfordert. Zudem öffnete sich die Kabinentür bei Überziehübungen durch die Verformung der Zelle. Als zudem in diesen Jahren abzusehen war, dass der Bedarf an 4-sitzen Trainern absacken würde, entschied man sich nach Abschluss der 1. Phase der Flugversuche gegen die C-303 in ihrer damaligen Form und zu Gunsten eines vergrößerten Flugzeuges mit 6 Sitzen und einem stufenweise auf 4.800 und 5.150 lbs angehobenen maximalem Abfluggewicht.
Das neue Flugzeug, nun genannt T303 (ein Tribut an die nun turbogeladenen Motoren) hatte nur noch oberflächlich etwas mit der ursprünglichen C-303 zu tun. Hauptaugenmerk wurde bei diesem Entwurf von Anbeginn auf hohe Ökonomie, hervorragende Flugeigenschaften und leichte Konstruktion gelegt. Die Zuladung sollte so hoch wie möglich sein.
Um dies zu erreichen wurde der Rumpf, der den gleichen Querschnitt wie bei der C-303 aufwies, verlängert um 6 Sitze aufzunehmen. Das Höhenleitwerk wurde noch weiter nach oben gesetzt, ein Flügel mit einem Profil aus der 230´er Serie verbaut, dessen Dickenverhältnis von 17 % innen zu 12 % an der Flügelspitze abnahm. Cessna war das Projekt immerhin so wichtig, dass ein Modell der Maschine im Windkanal der Wichita State University getestet wurde. Flugtests mit den Motoren und Triebwerksgondeln der T303 wurden an einer eigens umgebauten C-310N durchgeführt (unbenannt in XT310). Dies war nötig da die Motoren weitaus früher einsatzbereit waren als die T303 selbst. Da diese XT310 das Kennzeichen N100HE lautete, ging aufgrund der durchzuführenden Tests der Spaß um, die Endung „HE“ stände für „High Explosive“ oder für „Highly Experimental“. Nötig wurden diese ausgedehnten Flugversuche mit den Motoren aufgrund geänderter Zertifizierungsregularien der FAA, die beispielsweise forderte, dass es selbst bei maximaler Dauerleistung auch bei einem Treibstoffdurchfluss von 10 % unter dem veröffentlichten, maximal verarmten Gemisch zu KEINEM Klopfen kommen durfte! Die Tests mit XT310 dauerten schließlich rund 2 Jahre!
Bei den intensiven Windkanaltests ging es neben anderen Details der Konstruktion auch um die Festlegung der Leitwerksauslegung. Ein herkömmlich tief angebrachtes Höhenleitwerk führte zu keinen befriedigenden Ergebnissen bei der Längsstabilität. Ein T-Leitwerk wurde dem Kreuzleitwerk als Ebenbürtig erklärt, jedoch mit Vorteilen bei Gewicht und Fertigung. Zudem bekam die Maschine dadurch ein sehr eigenständiges Erscheinungsbild.
Besonderheiten:
- Wie schon angesprochen war ein Ziel bei der Designauslegung eine hohe Zuladung zu erreichen. Bei einem maximalen Abfluggewicht liegt die Zuladung im Schnitt bei rund 1.850 lbs!
- Das so einfach wie möglich ausgelegte Tanksystem der Maschine verfügt über eine Kapazität von 155 Gallonen (aufgeteilt auf je einen Flügeltank).
- Das elektrisch-hydraulisch betriebene Fahrwerk weist eine geschleppte Auslegung des Hauptfahrwerks auf, was zu großer Beliebtheit unter den Piloten führt. Die technische Auslegung basiert auf dem in den einmotorigen Cessnas verwendeten, jedoch kann das Fahrwerk im Notfall „frei fallend“ ausgefahren werden. Das Fahrwerk kann bis zu einer Geschwindigkeit von 175 KIAS ausgefahren werden und bis zu 210 KIAS als Luftbremse „draußen“ bleiben.
- Die Landeklappen sind einfach ausgeführt und vom Semi-Fowler-Prinzip mit einfachem Spalt. Sie sind als außerordentlich wirksam bekannt und weisen die Stellungen 0, 10, 20 und 30 Grad auf. Die Landeklappen werden elektrisch betätigt.
- Die verwendeten Teledyne Continental Motoren vom Typ TSIO-520-AE mit 250 hp bei 2.400 RPM sind eine Leichtgewichtsversion des regulären 520´ers. Sie basieren im Prinzip auf dem Gehäuse des 520´ers mit den leichten Köpfen und Kolben des 470´ers. Leider bereitete der Turbolader anfänglich Probleme und manch einer im Management von Cessna mag die Wahl dieses Triebwerks bereut haben.
- Geringe Motor/ Propellerdrehzahlen von maximal 2.400 RPM sorgen für eine geringe Geräuschentwicklung innen wie außen. Hierbei spielt auch die Verwendung von 3-blättrigen Constant Speed Propellern mit einem Durchmesser von nur 74 inches eine große Rolle. Die Wahl des 3-Blatt Props basiert übrigens sowohl auf Lärmgründen als auch auf der Absicht des Marketings eine Art „Mini-400´er Cessna“ zu schaffen.
- Das elektrische System ist als „split-bus-design“ ausgelegt. Es bietet dem Piloten gute Möglichkeiten im Fall von Generatorausfällen.
- Gepäckräume in Nase, Triebwerksgondeln und Kabine besteht für insgesamt 590 lbs Gepäck.
- Hervorragende Beleuchtung innen wie außen unterstützt den Piloten bei Nachtflügen. Die Cockpitbeleuchtung gilt als eine der besten unter allen leichteren, nicht Jetangetriebenen Flugzeugen in der allgemeinen Luftfahrt. Landescheinwerfer in der linken Tragflächenspitze sowie ein Rollscheinwerfer am Bugfahrwerk sogen für gute Ausleuchtung für Rollen an dunklen Flugplätzen.
- Die durch die bekannte Cessna Air-Stair-Treppe zu betretende, geräumige, nicht druckbelüftete Kabine, ist hervorragend ausgestattet. Es bestehen verschieden Optionen zur Anordnung von Sitzen, Optionen für „Refreshment-Centers“ inkl. Kühlbox für Eis, Thermoskannen Halterungen, Becherautomaten, Getränkehalter, Klapptische und sogar Stereoanlagen zur Unterhaltung. Auf die Verwendung hochwertiger Materialien bis hin zu Teakholz wurde geachtet.
Zurück zu den Flugtests und den hervorragenden Eigenschaften der Maschine…
Der Erstflug der T-303 fand am 17. Oktober 1989 statt. Tom Wallis war mal wieder der verantwortliche Testpilot. Lustig: Weil der Pilot so viel Spaß auf diesem Erstflug hatte, dauerte dieser ½ Stunde länger als geplant! Nervig erwies sich lediglich ein unangenehmes Geräusch sobald sich die Landeklappen nicht in eingefahrenem Zustand befanden. Das Geräusch stammte von einem instabilen Luftstrom zwischen Klappenspalt und Ende der Motorgondel. Die Lösung brachte die Anbringung von perforierten Platten im betroffenen Bereich der Landeklappen. Diese Löcher wurden bei Mechanikern als „Schraubenzieher-Halter“ bekannt. Als positiver Nebeneffekt sank die Überziehgeschwindigkeit der Maschine um weitere 1-2 Knoten je nach verwendeter Klappenstellung.
Aerodynamisch mit am interessantesten an dieser Maschine sind die Detaillösungen zur Strömungsbeeinflussung am Flügel. Windkanaltests zeigten, dass die Übergänge von Rumpf zu Flügel sowie von Triebwerksgondel zu Flügel, die von Manschetten gebildet wurden, zu befriedigenden Ergebnissen führten. Allerdings konnte bei einem voll ausgeprägtem Überziehen der Maschine in Landekonfiguration ein zu früh einsetzendes Buffeting und in extremen Fällen sogar ein vorübergehender Kontrollverlust des Höhenruders erfolgen. Wie sich zeigte, entstand das frühe Buffeting durch ein Abreißen der Strömung über großen Teilen des Flügels und dem Auftreffen dieser Wirbel auf das Höhenleitwerk. Die üblichen aerodynamischen Kniffe wie größere Verkleidungen der o.g. Übergänge oder das Anbringen von Vortex Generators sorgten für keine befriedigende Lösung. Abhilfe ergab sich erst durch Davis Ellis und Dr. William Wentz der Wichtia State University, die die Installation von kleinen deltaförmigen Blechen im Bereich über den Rumpf-Flächen-Motorgondel Verkleidungen anregten. Diese Straken mit einem Pfeilungswinkel von 75 Grad sorgten für einen starken Wirbel der bis zu extrem hohen Anstellwinkeln bestehen blieb. Der Wirbel sorgt damit für eine Zuführung von Energie, gerade in den kritischen Bereichen der Flügel-Rumpf-Motorgondel Übergängen. Zudem sorgte eine leichte Überarbeitung der Nasenkante des mittleren Flügelsegments ebenfalls für ein weicheres Abrissverhalten. Das Langsamflug- und Überziehverhalten der Maschine änderte sich durch diese kleinen Änderungen von „exzellent“ zu „außergewöhnlich“. Die minimal mögliche Geschwindigkeit mit voller Kontrolle im Buffeting liegt bei 65 KIAS.
Weiter geht’s gleich in Teil II….bleibt dran ;-)