Was jetzt mit den Flugzeugen passiert ist sehr individuell, viele Operatoren (Zuständig für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit) bzw. Technikbetriebe (zuständig für deren Ausführung) waren bisher in diesem Ausmass noch nie davon betroffen. Dem entsprechend mager bzw. unübersichtlich sind auch die Anweisungen bzw. Empfehlungen der Hersteller. Es ist derzeit etwas chaotisch im Hintergrund, begründet auf der Ungewissheit wie lange die Fluggeräte am Boden stehen werden.
Generell unterscheidet man erstmal zwischen einem "Parking" und einem "Storage". Wobei das Parking prinzipiell für kürzere Perioden (meist 1-3 Monate) und die Storage Procedure für Perioden bis zu einem Jahr vorgesehen sind. Auch befindet sich der Flieger beim Parking in einer "Flight ready condition", das bedeutet, dass alle Systeme in einem "flugbereiten" Zustand gehalten werden und der Flieger mit einem minimalen Aufwand wieder der Operation zugeführt werden kann. Bei einem Storage Procedure wird der Flieger dann aktiv aus der Operation herausgenommen und ist auch nicht ohne grösseren Aufwand wieder flugfähig zu bekommen.
Ein Parking empfiehlt sich für eine Dauer bis zu 3 Monaten. Alles was darüber hinausgeht, sollten als Storage ausgeführt werden (kommerzielle Faktoren mal ausgelassen).
Am Beispiel des A320 sieht es nun grob wie folgt aus (das variiert aber von Operator zu Operator):
Parking (generell bleibt das Flugzeug in einem lufttüchtigen Zustand und das Wartungsprogramm wird weitergeführt):
Bis 7 Tage: Ab dem dritten Tag kommen die Covers für Pitot/Static drauf, die Hauptbatterien werden abgeklemmt, das Frischwassersystem wird trocken gelegt, das Schwarzwassersystem wir geleert und desinfiziert (wenn nicht schon geschehen), die "Nägel" an den Fahrwerken werden gesteckt (wenn nicht schon geschehen) und der Flieger wird auf 10% der maximalen Kraftstoffmenge im jeden Tank betankt und man schließt die Ein- und Auslassventile der Druckbelüftung und der Computerbelüftung. Hier wird die periodische Wartung normal weitergeführt (48 Stunden- und 7-Tages-Kontrolle). Somit kann ich auch ADHOC den Flieger wieder mit minimalen Aufwand (eine Mannstunde) wieder bereit stellen/klar-schreiben.
Ab 7 Tagen: Zusätzlich zu den oben stehenden Arbeiten muss ich nun die Triebwerke und die APU laufen lassen und danach werden die Triebwerke abgedeckt, die Hilfsturbine genauso, und ich beaufschlage nochmal alle 3 Hydrauliksystem mit Druck. Den Flieger kann ich nun in diesem Zustand bis zu 30 Tage stehen lassen. Der Aufwand diesen wieder in die OPS zu überführen ist auch hier noch übersichtlich und der Flieger befindet sich generell immer noch in einem lufttüchtigen Zustand (bis auf dass die 48 Stunden- und 7-Tages-Kontrolle nun nicht mehr periodisch druchgeführt werden, sondern am Tag an dem der Flieger wieder der Operation zugeführt wird). Die Bereitstellung gestaltet sich hier schon ein bisschen aufwändiger und bedarf etwa 8 Mannstunden.
Über 30 Tage: Zusätzlich zu den obenstehenden Arbeiten werden nun die Bremsen auf Oxidation überprüft, der Flieger um ein paar cm verschoben, damit es keinen Standschäden an den Reifen gibt und Triebwerke sowie APU werden laufen gelassen. Auch wird die Pitot/Static Anlage mit Stickstoff gespült und Kondenswasser abgelassen. Auch muss ich nun die Kraftstofftanks auf Kondenswasser und auf Mikrobenbefall überprüfen. Auch werden nun alle Türen und Tore geschmiert und die Dichtungen mit einem Teflonfett beschichtet.
Um die Lufttüchtigkeit halten zu können muss ich nun auch alle 3 Monate einen Werkstattflug durchführen. Diesen Zustand kann ich bis zu 12 Monate halten. Ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist, bleibt mal dahingestellt, da ich das Wartungsprogramm weiterführen muss und der Flieger im Grundsatz uneingeschränkt flugtüchtig bleibt und die 7 und 30 Tages-Intervalle wie oben beschrieben bestehen bleiben.
Über 12 Monate: Hier muss ich den Flieger nun recht aufwändig vorbereiten, Öffnungen und Spalte müssen mit einer speziellen Folie abgedeckt werden. Bewegliche Teile müssen nochmals geschmiert werden, Fahrwerke müssen komplett abgedeckt werden. Die Kabine muss speziell vorbereitet werden, gewisse Bauteile müssen aus dem Flieger ausgebaut werden, vor allem Druckbehälter sowie batteriebetriebene oder -unterstütze Bauteile. Der Vorspanndruck der Hydraulikanlagen wird abgelassen. Meist werden die Triebwerke abgebaut und die APU ausgebaut, welche in ein separates Storage Programm überführt werden. Auch bedarf es nun einer Konsultation des Herstellers / TC Holders, um das Wartungsprogramm auf Eis zu legen.
Das war jetzt mal eine grobe Übersicht, welche von Operator zu Operator verschieden gehandhabt wird. Auch in Hinsicht COVID-19 bewegt sich hier derzeit sehr viel auf Seiten der TC Holder (Hersteller), da die parking/preservation/storage procedures im generellen sehr dürftig und kompliziert beschrieben sind und nun wird mit Hochdruck daran gearbeitet, hier mal eine Linie rein zubekommen. Auch auf Seiten der Aviation Authorities tut sich nun einiges, da es nicht wie bei 9/11 ein isoliertes Ereignis ist (ein paar Wochen). Es ist ein Ereignis welches bis mindestens Oktober dieses Jahr anhalten wird und somit Flugzeuge auf 6-7 Monate im lufttüchtigen Zustand zu halten sind, was aber mehr als dürftig beschrieben ist.
Edit:
Was für Problemstellungen kommen für mich als Operator nun zu: Ich muss im speziellen alle Flüssigkeiten (Hydraulik) sowie Schmierstoffe (Triebwerksöl) regelmäßig auf ihren Wassergehalt, sowie deren PH Wert überprüfen. Ansonsten sind Standschäden vorprogrammiert, seien es Leckagen oder Korrosion. Auch sollte die Klimaanlage regelmäßig "ausgebrannt" werden, ansonsten gammelt es hier gerne mal. Die Kabine sollte auch regelmäßig gelüftet werden, da es dort von Feuchtgebieten nur so wimmelt.
Kommerziell ist es auch interessant: Die geplante Wartungsarbeiten sind meist als Fixpreis festgelegt und fallen hier nicht wirklich ins Gewicht. Was aber ordentlich ins Gewicht fällt, sind die Standgebühren an den Flughäfen, was man ja in ZRH sieht. LX, 2L und WK sind nach Dübendorf ausgewichen, GM hat sich nach BSL und NAP verkrochen, wobei der Flieger in NAP sowieso in der Grundüberholung steht. Wenn die Flieger geleast sind, habe ich auch laufende Kosten, welche den Operator wirklich schmerzen. Auch laufen die Ersatzteilkosten, welche meist unter "Power by the Hour" mit Zulieferern laufen, weiter. Auch fangen mit der Zeit die Lagerhaltungskosten an ins Gewicht zu fallen, da viele Verbrauchsmaterialien ein Ablaufdatum haben und vernichtet werden müssen. Auch viele Bauteile müssen periodisch Überprüft werden wenn diese auf Lager liegen, das wird mit der Zeit zu einem toten Kapital welches auch noch Kosten verursacht.
Kurz und knapp gesagt: Ein Flugzeug ist kein Stehzeug! Jede Minute am Boden kostet nur Geld.
Das Wartungsprogramm und die Wartungsanweisungen und alles drumherum sind auf eine kontinuierliche Operation ausgelegt, aber nicht auf Stillstand. Aber hier sehe ich jetzt viele rauchende Köpfe bei den Herstellern und Behörden welche mit Hochdruck was daher zaubern müssen.
Hoffentlich ist der Spuck bald vorbei! In welcher Richtung auch immer.