Schwierige Identifikation eines deutschen Jagdflieger - Piloten aus dem zweiten Weltkrieg

Diskutiere Schwierige Identifikation eines deutschen Jagdflieger - Piloten aus dem zweiten Weltkrieg im WK I & WK II Forum im Bereich Geschichte der Fliegerei; Ich würde erstmal klären ob die "Absturzstelle" überhaupt eine solche und an der entsprechenden Stelle ist. Trotz umfangreicher Bereinigung und...
Redrum

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Ich würde erstmal klären ob die "Absturzstelle" überhaupt eine solche und an der entsprechenden Stelle ist. Trotz umfangreicher Bereinigung und Abtransport von Trümmern, lassen sich dort immer noch unzählige Fragmente im Erdreich finden. Also, jemanden mit Metalldetektor ausfindig machen und mal nachsehen. In Bayern ist das relativ unkritisch. Mit etwas Glück findet man eindeutige Teile evtl. mit Nummern oder Teile, die sich eindeutig zuordnen lassen, sowas wie Schalter und ähnliches.
Ich habe 40 Jahre nachdem mir erzählt wurde, früher sei ein Flugzeug an Nachbars Haus vorbeigeschrammt, mal selbst nachgesehen. Einmal über den angrenzenden Acker gelaufen und sofort Metallfetzen an der Überfläche gefunden. Unter anderem einen Bombenwahlschalter, der sich eindeutig dem Flugzeug zuordnen ließ. Die Sache war allerdings schon zuvor aufgeklärt und dokumentiert worden...
 
N.H.71

N.H.71

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@Tomcat_81 vielen Dank für diese Information und Dein Engagement in der Sache.
Weiterhin viel Erfolg auf Deiner Mission.
Ansonsten schließe ich mich Hagewi’s Antwort an.
 

Tomcat_81

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Ja, ganz 100%ig sicher kann ich noch nicht nachweisen, dass es wirklich FW Georg Reppel ist, der dort (wohl) noch liegt. Die Absturzstelle liegt heute in einem dichten Waldgebiet, neben einem Naturschutzgebiet und sprichwörtlich "im Sumpf". Ein Metalldetektor kann und sollte dort das letzte Mittel sein, bei dem ich erst alle Beteiligten und Behörden im Boot haben wollen würde.

Mit Eurer Hilfe, per Ausschussprinzip, mit ein paar übereinstimmenden Zeugen/Nachzeugenaussagen, zwei Ortschronisten und einem Luftbild, das wenige Monate später an genau dieser Stelle einen eindrucksvollen Einschlagkrater zeigt, bin ich aber sicher, dass es tatsächlich ein Absturzort eines deutschen Jägers ist - die zweite Möglichkeit wäre Hans Dieter Oehms Maschine, die am gleichen Tag in diesem Gebiet abgeschossen wurde, Oehm konnte jedoch abspringen. (Bethke hat in seiner Materialsammlung zum JG 300 einen Tagebucheintrag davon). Mehrere Zeugen, die am Absturzort waren, berichteten aber unabhängig voneinander von menschlichen Überresten und Dokumenten, die gefunden wurden, aber dann 'verloren gingen'.
Rückmeldungen aus dem Bundesarchiv und dem Bayerischen Staatsarchiv fehlen dazu aber noch, hier hoffe ich, definitiv fündig zu werden.
Mein Ziel ist es, den letztendlichen Verbleib des Piloten zu klären, alles zu dokumentieren, aufzuarbeiten und im Archiv, an der Absturzstelle und bei den Verwandten .

Wir wissen, was Ötzi als letzte Mahlzeit zu sich nahm, aber wir haben hunderte- wenn nicht tausende Piloten und Besatzungsmitglieder, die buchstäblich im Boden stecken und niemand weiß etwas über sie, weil es versäumt wurde, gründlich zu dokumentieren. Meine größte Angst während der gesamten Recherche war und ist, dass ich irgendwo am Ende der Fahnenstange ankomme und ich nichts mehr klären kann. Das kann immer noch kommen, aber momentan freue ich mich über kleine Teilerfolge.

Tomcat, der gerade eine lange und sehr detailierte Mail schreibt
 
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Tomcat_81

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Der Kontakt zu Georg Reppels Nachfahren ist ein einmaliges Erlebnis.
Ein sehr freundlicher Herr, der mit mir einen neuen Teil seiner Familiengeschichte rekonstruiert - ich bin sehr dankbar, dass Ihr mit Eurer Hilfe ermöglicht habt, was da gerade passiert.

Wir sind gerade dabei, einen Besuch seiner Familie an der Absturzstelle zu planen, sichten die noch vorhandenen Unterlagen, die auch Rückschlüsse zulassen, dass unser Pilot ab 03.10.1941 Flugzeugführer und ab 14.11.1942 ein Fluglehrer wurde, der dann später in den Einsatz berufen wurde (was ja im großen Stil geschah und der Ausbildung der Piloten wohl den endgültigen Todesstoß versetzte).

Auch zumindest ein ganz sicher zuzuordnendes Bild haben wir, somit hat unser Pilot 'sein Gesicht' zurück.
Zu seinem Abschuss einer B-24 erhielt er am gleichen Datum, dem 26.Juni 1944 das EK 2. Klasse -
das EK 1. Klasse dann vermutlich posthum, oder?

Ein bemerkenswertes Dokument ist der Wehrpass/Dienstausweis, in dem die Dienststellen aufgelistet sind, die Reppel durchlief.
Vieles davon verstehe ich noch nicht und bräuchte wieder Eure Hilfe - könnt Ihr daraus etwas ersehen, außer einer stringenten Pilotenlaufbahn?

Viele Grüße
Tomcat
 
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AGO Scheer

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Guten Morgen Kollege,
die lange Nummer ist eine Anschrift über das Luftgaupostamt Hamburg 1 und da war er bei der einmotorigen Nachtjagd: Hamburg, also nördlicher Bereich vom Himmelbett und dann Wilde Sau.
Zuletzt steht ja auch das JG 300

PS:Posthum EK1 ist nicht ungewöhnlich.
 
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Tomcat_81

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Hallo AGO Scheer,
diese Auskunft hilft mir sehr, vielen Dank!
 

Jubernd

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Ich plaudere mal aus meiner, nun über 20 Jahre zurück liegenden Erfahrung. Bei einem senkrechten Absturz in sumpfigem Gebiet steckt der Motor in mehreren Metern Tiefe und wurde meist nicht geborgen. Der Trichter lief voll Wasser. Oft war er nur bei strengem Frost erreichbar, wenn der Sumpf begehbar war. Wir hatten deshalb die Bergung im Fuhne-Sumpf aufgeben müssen, da die schwere Technik nicht heran kam. Zur Identifizierung ist der Motor aber nicht unbedingt nötig. Bei der damaligen Beräumung blieben viele kleine Blechteile in großem Umkreis liegen. Wir suchten also erst einmal nach solchen und setzten dann erst den bürokratischen Apparat in Bewegung. Und da fangen die Probleme erst an. Absturzstellen dürfen ohne Erlaubnis nicht direkt mit Detektor begangen werden (Munition). Und diese Erlaubnis wird in der Regel Privatpersonen nicht erteilt. Wenn doch, kommt das nächste Problem: bei allen Eingriffen muss die Denkmalpflege zustimmen. Und Eingriffe bedeuten auch die Freisetzung von Altlasten, was die Naturschützer bei nahem Naturschutzgebiet sehr verärgert. Und erst wenn man Kampfmittelräumdienst und Ordnungsamt auf seiner Seite hat, darf man tätig werden. Dann darf man mit dem Spaten kleine Einzelteile ausgraben, ggf. auch baggern.
Zur Identifikation ist das aber nicht unbedingt notwendig. Ich kenne die in eurem Bereich gültigen Vorschriften nicht, aber das Auflesen von lokalisierten Blechteilen sollte in größerem Umkreis erlaubt sein. Und damit lässt sich etwas anfangen. Viel Erfolg im hoffentlich gesundem neuen Jahr!
Jubernd
 
Hagewi

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Oh ja, da fügt sich doch einiges zusammen. Vielleicht noch ein paar Dinge nachdem der Wehrpass vorliegt:

Normale Ausbildung dürfte richtig sein. Er muss sich dabei ganz gut angeststellt haben, da er gleich aus Ausbilder/Fluglehrer an der Schule geblieben ist. Die FFS A/B 123 hat eine interessante Geschichte obwohl es wenig Informationen gibt. Siehe hier:
Genau so steht es auch in diesem Standardwerk:

Nach dem Eintrag in diesem Wehrpass müsste es die Schule schon früher gegeben haben. Es hatte Reppel also bis nach Zagreb verschlagen, zuletzt war er dann sicherlich in Graz. Auf dieser Schule hat er ggf. niemals die Standardjagdflugzeuge Bf-109 oder Fw-190 geflogen. Einige Monate vor Einstellung des Schulbetriebs ist er dann gewechselt. Das Jagdgeschwader 110 war wiederum eine Schuleinheit in der dann wohl selber wieder geschult wurde (auf die Fw-190 wahrscheinlich). Auch hier wieder Angaben zum Geschwader:
Standort danach Altenburg (wohl das in Thüringen). Wir wird wohl immer noch keine Schulung auf künftigen Einsatzmustern erfolgt sein, da diese Geschwader überwiegend "übriggebliebene" ältere Versionen verwendete.
Das wurde dann in der NJ-Ergänzungsstaffel anders. Es wurde auch Blindflugschulung betrieben. Hier gibt es ein paar Beschreibungen zu einem Zeitgenossen (Das hier genannte Nachtjagdgeschwader 110 dürfte ebenfalls das Jagdgeschwader 110 gewesen sein, die Standorte passen insoweit überein):
Der Standort der Staffel dürfte danach Ludwigslust gewesen sein.
Ja, und dann danach JG 300.....

Ich finde, daraus ergibt sich ein geschlossenes und in sich logisches Bild.
 

Tomcat_81

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Vielen Dank, Jubernd und Hagewi! Ich schätze das sehr und gebe das weiter, mit dem Hinweis darauf, dass ich die Informationen von Euch hier habe - Herr Reppel ist im Bilde, dass ich dem Flugzeugforum zu verdanken habe, dass ich weiterrecherchieren konnte. Ich melde mich, wenn es Neuigkeiten gibt!
Tomcat
 
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Ledeba

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Wir wird wohl immer noch keine Schulung auf künftigen Einsatzmustern erfolgt sein, da diese Geschwader überwiegend "übriggebliebene" ältere Versionen verwendete.
Das wurde dann in der NJ-Ergänzungsstaffel anders. Es wurde auch Blindflugschulung betrieben.
So ganz anders war es in der Ergänzungs - Nachtjagdstaffel (einmot.) auch nicht, denn auch dort flog man Mitte 1944 noch die veralteten Bf 109E ... neben moderneren Bf 109G, einigen G-12, Fw 190 und den obligatorischen Ar 96.
 
Hagewi

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@Ledeba: Mag sein, dass dort auch noch älteres Material vorhanden war. Die Heranführung an die aktuellen Einsatzmuster begann aber doch wohl erst dort. Können wir uns darauf einigen? Ansonsten sollte eine Diskussion in einem anderen Tread geführt werden und nicht hier.
 
Hagewi

Hagewi

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Na ja. Dazu wäre sie wohl etwas zu klein gewesen. Sie wurde über die Ergänzungs-Nachtjagdgruppe später Teil des EJG 2. Das war aber nach dem hier betreffenden Zeitraum/Zeitpunkt.
 

Tomcat_81

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Ein kleines follow-up:

Nach vielen, vielen Stunden Quellenarbeit konnte ich einiges zum Hintergrund des Absturzes klären, habe eine Dokumentation für unser örtliches Archiv verfasst und konnte alle losen Enden zusammenführen.

Krönung auch Eurer Arbeit in diesem Tread war gestern ein kleiner Gedenkgottesdienst am "Fliegerkreuz", dem Absturzort Georg Reppels, bei dem in diesem Jahr, zum ersten Mal seit 78 Jahren, Angehörige Reppels vor Ort waren. Ein für alle Beteiligten sehr bewegender Moment, ich war gerührt, als einige Zeitzeugen auf uns zu kamen und strahlend meinten, endlich wäre hier nach fast 80 Jahren Gewissheit geschaffen worden, sie hätten immer gehofft, dass die Umstände nochmal aufgeklärt werden würden.

Die von mir gestaltete schlichte Tafel geht nach Bad Berleburg, auf das mittlerweile aufgelöste Soldatengrab Reppels, um auch dort an ihn zu erinnern.

Am Fliegerkreuz wird bald eine ausführlichere Tafel angebracht, die an den Absturz erinnern soll.

Ich danke Euch für Eure Hilfe!!
Tomcat
 
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N.H.71

N.H.71

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Lieber Tomcat,

mich freut es, dass es Dir anhand der zahlreichen Hinweise hier im Thread möglich wurde ein Stück Geschichte beleuchten und die Familienangehörigen zum Schicksal ihres Angehörigen informieren zu können.

Mich persönlich berührt die Tatsache, dass die Spur von Georg Reppel am Ende nach Bad Berleburg führte, bin ich doch dort geboren und aufgewachsen. Zufälle gibt‘s…

Vielen Dank für für dieses Follow-up zu Deiner außergewöhnlichen und erfolgreichen Recherchearbeit.

Mit freundlichem Gruß,
N.H. 71
 
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