Arne schrieb:
Wie war denn nun die reale Einsatzplanung der F-104G - Jabos im Ernstfall ? - nach meinem Wissen sollten die mit einer Kernwaffe bis hin zum baltischen Raum - der Verlust von Flugzeug+Pilot soll dabei (aufgrund Treibstoffmangels) von vornherein eingeplant gewesen sein.
Was daran ist wahr ?
Die F-104G hatte mit 4 Zusatztanks und einer Kernwaffe eine Flugdauer von 2 Stunden im Tiefstflug bei etwa 440 kt. Seit 1967 hatte man das Konzept der 'flexible response' oder der "abgestuften Abschreckung" statt der vorher gültigen massiven Vergeltung. Dieses sah auch den Einsatz taktischer Atomwaffen vor. Für die Gegenseite mußte immer klar sein, daß es sich um einen solchen handelte. Da beide Blöcke diese Doktrin kannten, ging man von dieser Annahme aus. Ob das tatsächliche stimmte, daß bleibt dahingestellt?! Die "flexible response" durfte nur die Reaktion auf einen 'massiven Angriff' sein. Erst nach der 'Ausrufung' des allgemeinen Verteidigungszustandes durfte die Luftwaffe wirklich aktiv werden. Bis dahin war sogar die unmittelbare innerdeutsche Grenzzone für die Lw 'tabu'.
Die atomare Rolle der deutschen F-104G beschränkte sich auf 'interdiction' (Abriegelungs) Einsätze. Primäre Ziele waren dabei Flußübergänge, Flugplätze,
größere Depots, Verschiebebahnhöfe und Hafenanlagen.
Soweit ich informiert war, waren die deutschen F-104 und ihre Interdiction Einsätze von direkten Einsätzen gegen die SU ausgeschlossen. Damit wollte man jede ungewollte Eskalationsmöglichkeit ausschliessen. (siehe WK2)
Unter dieser Prämisse war an der Weichsel schluß.
Ob z.B. die dänischen F-104 weniger begrenzt waren, daß weis ich nicht.
Es bleibt jedoch noch anzumerken. Das es neben Bornholm noch zahlreiche weitere Inseln in der Ostsee gibt. Ein Kampfmaschine in Luftnot (Treibstoffmangel) über der Ostsee hatte fast immer die Möglichkeit neutrales Festland (Schweden und Finnland) für eine 'Notlandung' zu erreichen. Falls das nicht mehr möglich war, ergab ein Luftausstieg dort nur die Internierung und nicht die Gefangenschaft. Die "unterkühlte" Ostsee war immer die schlechteste aller Notlösungen, wenn es um das Überleben der Piloten ging.
Im übrigen war der Verlust einer Kampfmaschine sehr viel leichter zu verschmerzen als der Verlust eines Spezialisten. Die Schweden wären sicher nur dann Überrascht gewesen, wenn keine aller Beteiligten Konfliktparteien, diese 'Notlandemöglichkeit' nicht genutzt hätten.
Diese 'Notlandemöglichkeit' wurde jedoch nicht für die Einsätze eingeplant. Es hätte militärisch keinen Sinn gemacht. Es war nur die letzte Möglichkeit im Luftnotfall. Z.B. der Treibstofftransfer funktionierte nicht, die Gegenwehr erforderte den ungplanten Einsatz des NB, unerwartete Witterungsbedingen, Beschädungen durch die Luftabwehr vor Ort u.s.w. Für jede Maschine, die am Rande ihrer Reichweite operierte bedeutete das oft genug den Luftnotfall.
Die meisten Einsätze gingen jedoch nicht so weit.
Solche Einsätze konnten ohne Zustimmung des Piloten auch nicht befohlen werden. "Befehlsverweigerung", falls es dann überhaupt eine war, brachte maximal einige Tage 'Aufenthalt' im "Cafe Viereck". Gegen die Überzeugung der Piloten waren solche Einsätze niemals durch zu setzen. (WK2 sei Dank in jenem Sinne).