Strömungsabriss verharmlost?

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lutz_manne

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Gefährlich wird es, wenn z.B. Auftriebshilfen versagen. Die Bf 109 z.B. hatte die automatischen Vorflügel, welche rein durch den Unterdruck bei entsprechendem Anstellwinkel und Geschwindigkeit ausgefahren sind (ohne Antrieb, nur auf Rollen gelagert). Wenn hier nun z.B. im Landeanflug ein Vorflügel schwergängig oder beschädigt war, kam es möglicherweise zu einem einseitigen Strömungsabriss, da die Anfluggeschwindigkeit für die Fläche ohne ausgefahrenen Vorflügel höher ist. Dadurch dürfte die Mühle in niedriger Höhe ein riskantes Verhalten gezeigt haben. Noch erschwerend kommt dann die mächtige Motorleistung bei geringem Gesamtgewicht dazu. Panisches Gas rein schieben in dem Fall, bei dem heftigen Drehmoment der Luftschraube, dürfte sich auch nicht günstig ausgewirkt haben.
Also alle Flugzeugetypen haben ihre Tücken. Diese werden aber normalerweise von den Testpiloten erflogen und die Grenzen im Handbuch festgelegt. Die "Anwender" müssen sich dann nur noch dran halten. :-)
 
Schorsch

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Bei den 737-MAX-Abstürzen war eher eine zu hohe Geschwindigkeit das Problem, nicht der Strömungsabriss.
Aber der ganze Kladderadatsch namens MCAS ist wegen des Strömungsabriss eingebaut. Weil eben dieser ein Problem ist. Denn aktuelle Flugzeuge sind teilweise nicht mehr bockstabil im Pitch. Einen aktuellen AIRBUS ohne elektronische Flugsteurung im Grenzbereich fliegen? Ja, geht. Ist das schön? Auf keinen Fall! MCAS korrigiert inherent (= dem System innewohnende Eigenschaften) bestehende Probleme. Die B737MAX ist eben nicht Pitch-stabil, kann Departure erzeugen. Dann ist Feierabend. Schwarzer Fleck in dern Landschaft.
 
Schorsch

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Der gefährliche Teil beim Fliegen, ist der Weg mit dem Auto zum Flughafen. Lies nicht soviel, steig in einen Flieger und klatsch bei der Landung. Egal wie mies die war... :wink2:
Klingt vereinfacht, stimmt aber.
Fliegen ist unglaublich gefährlich.
Flugzeuge können aus vielen Gründen abstürzen.
Sie tun es aber erstaunlich selten. Fliegen ist trotzdem inherent gefährlich (schlicht wegen der Geschwindigkeit).
Im Vergleich zu anderen Gefahren des Lebens ist das Besteigen eines westeuropäisch registrierten Flugzeugs allerdings eine sehr neidrige Gefahr. Das Fahren mit einem PKW steht da höher, selbst dann, wenn ich die bösen Risiken rausrechne (also die etwa 20-50% der Verkehrstoten, die sich durch eigene Fahrlässigkeit umgebracht haben).
Daher: Fliege!
 

alois

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Wer davor Bammel hat sollte lieber Airbus als Boeing fliegen, speziell Single Aisle.
Genau das mache ich immer. Nicht nach dem billigsten Preis schauen, sondern nach der Fluggesellschaft mit dem möglichst höchsten Safety Record und dazu Airbus. Der Kranich kommt da eigentlich ganz gut weg. :cool1
 
HoHun

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Gefährlich wird es, wenn z.B. Auftriebshilfen versagen. Die Bf 109 z.B. hatte die automatischen Vorflügel, welche rein durch den Unterdruck bei entsprechendem Anstellwinkel und Geschwindigkeit ausgefahren sind (ohne Antrieb, nur auf Rollen gelagert). Wenn hier nun z.B. im Landeanflug ein Vorflügel schwergängig oder beschädigt war, kam es möglicherweise zu einem einseitigen Strömungsabriss, da die Anfluggeschwindigkeit für die Fläche ohne ausgefahrenen Vorflügel höher ist. Dadurch dürfte die Mühle in niedriger Höhe ein riskantes Verhalten gezeigt haben.
Hm, gibt es dazu zeitgenössische Berichte, oder ist das mehr so eine theoretische Überlegung?

Meinem Eindruck nach sind sich die allermeisten Flugberichte über die Me 109 darin einig, daß die Maschine im Ladeanflug ein ausgesprochen gutmütiges Verhalten aufwies. (Das Ausrollverhalten am Boden war eine anderes Thema, das aber nicht mit den Vorflügeln zusammenhing.)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 

Rhönlerche

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Als der Astronaut Furrer nach dem letzten Flugtag über Berlin-Johannisthal verbotenerweise eine langsame Rolle geflogen ist, ist dem an der Taifun, Flügel wie Bf 109, nur ein Vorflügel ausgefahren. Dabei ist er abgestürzt. Das rechte Querruder soll auch noch abgerissen sein.

 
HoHun

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Als der Astronaut Furrer nach dem letzten Flugtag über Berlin-Johannisthal verbotenerweise eine langsame Rolle geflogen ist, ist dem an der Taifun, Flügel wie Bf 109, nur ein Vorflügel ausgefahren. Dabei ist er abgestürzt. Das rechte Querruder soll auch noch abgerissen sein.
Aber war damals das Ausfahren des Vorflügels wirklich die Grundursache? Ich konnte leider den vollständigen Unfallbericht nicht finden, als ich ihn vor einiger Zeit mal gesucht habe.

Ein asymmetrisches Ausfahren eines Vorflügels führt ja nicht unbedingt asymmetrische Kräfte herbei ... hier mal ein Foto von einer Me 109 im Kunstflug, bei der der linke Vorflügel draußen ist, der rechte aber nicht. Flugverhalten war völlig unauffällig.



Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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Rhönlerche

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Super Foto! Danke.
 
lutz_manne

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Ich weiss leider nicht mehr wo ich das aufgeschnappt habe. Aber ich werde mich damit mal beschäftigen. Hab jetzt aber keine Unterlagen vorliegen. ;-)
Aber grundsätzlich ist ja zusätzlich der Flugzustand für die Bewertung der Gefahr entscheidend. Bei dem Hochziehen auf dem Foto, vermutlich nach einem schnellen Überflug, ist es wohl weniger kritisch als bei einem langsamen Anflug bzw. Abfangen vor dem Aufsetzen, welchen man noch dazu mit vorgegebenen Werten aus dem Handbuch macht (+Erfahrung).

Hier mal als Beispiel zwei Messerkurven. Auch hier eher unkritisch, da der Pilot das Manöver ohnehin aktiv fliegt. Zudem macht der Vorflügel vermutlich sogar genau das was er soll, weil an den Flächen einfach unterschiedliche Strömungsverhältnisse und Kräfte vorhanden sind.
Ich meine, es wird kritisch für den Flugzeugführer, wenn die Vorflügel nicht das erwartete Verhalten zeigen. Wie stark sich das nun Negativ auf das Flugverhalten auswirkt und ob der FF das noch beherrschen kann, kann ich nicht sagen. Aber es wird sich wohl auswirken.

Einseitig draußen:

Beide drinnen:



Im Landeanflug noch drin:

Kurz vor dem Aufsetzen und Abfangen draussen:

Und in dem Moment könnte es IMHO kritisch sein, wenn hier wegen einem Schaden nur einseitig ausgefahren wird, Strömungs- und Kräftebedingt aber beide draussen sein müssten.
 

Ta152

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< snip >

Also, ehrlich gesagt, war ich ein bisschen skeptisch, als ich das gelesen habe. Ich dachte eigentlich eher, dass ein richtiger Strömungsabriss ein größeres Problem darstellen würde - erst recht wenn dies kurz vor dem Start passiert oder kurz vor der Landung. Strömungsabriss heißt doch eigentlich, dass das Flugzeug nicht mehr von der Luft getragen wird. Wie kann es dann einfach wieder automatisch stabilisiert werden?
Ich beantworte es noch mal unwissenschaftlicher. Eigentlich hast du doch schon die Lösung, beim Strömungsabriß wird das Flugzeug nicht mehr durch die Luft getragen, es fällt also runter, beim runter fallen wird es schneller und die Strömung liegt wieder an...

---

Gab es eigentlich in den letzten Jahren irgend welche abstürze von Airlinern durch Strömungsabriß?
 
_Michael

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Ich beantworte es noch mal unwissenschaftlicher. Eigentlich hast du doch schon die Lösung, beim Strömungsabriß wird das Flugzeug nicht mehr durch die Luft getragen, es fällt also runter, beim runter fallen wird es schneller und die Strömung liegt wieder an...
Das stimmt eben eigentlich nicht: Es geht nicht um die Geschwindigkeit, sondern um den Anstellwinkel. Beim Strömungsabriss kippt die Nase des Flugzeugs nach unten wodurch der Anstellwinkel verringert wird und die Strömung wieder anliegt. Die dabei gewonnene Geschwindigkeit ist ein Nebeneffekt da das Flugzeug durch den fehlenden Auftrieb zu fallen beginnt. Sie hilft natürlich beim klären der Situation, insbesondere wenn der hohe Anstellwinkel durch niedrige Geschwindgkeit begründet war.

Ganz wichtig ist aber zu verstehen, dass alleine die Geschwindkeitsaufnahme nichts hilft, sondern die Nase nach unten kommen muss. Deshalb müssen die meisten (alle?) Flugzeuge so ausgelegt sein, dass dies beim Strömungsabriss automatisch passiert. Aber wenn z.B. der Schwerpunkt zu weit hinten liegt, dann ist genau dies nicht mehr gewährleistet, und dann wird es gefährlich.
 

Rhönlerche

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Das ist aber was anderes, als gesteuert in einen Stall zu fliegen. Der Stall ist dann nur noch ein Glied in der Kette, wenn die Schwerpunktlage nicht mehr stimmt.
 
HoHun

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Kurz vor dem Aufsetzen und Abfangen draussen:

Und in dem Moment könnte es IMHO kritisch sein, wenn hier wegen einem Schaden nur einseitig ausgefahren wird, Strömungs- und Kräftebedingt aber beide draussen sein müssten.
Du hast recht, da könnte wirklich etwas passieren.

Allerdings gilt das gleiche für das gesamte Steuerwerk, und die meisten anderen Komponenten wie Höhensteuerung etc. sind mit Seilzügen, Umlenkrollen und Trimmechanismen erheblich komplexer und daher wahrscheinlich fehleranfälliger als die sehr einfach aufgebauten Vorflügel.

Trotzdem ist ein Ausfall der Höhenruder-Steuerung ein sehr seltenes Ereignis, und ich würde so naiv annehmen, daß die weniger komplexen Vorflügel noch deutlich seltener ausfallen.

Aber das ist nur so eine Überlegung in der Abwesenheit von Daten ... wäre schon interessant, da genaueres zu erfahren, gerade weil das Thema immer mal wieder auftaucht :-)

Tschüs!

Henning (HoHun)
 
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