Moin!
Mich wundert das Ausmaß der Stabilitätsprobleme und dass man davon erst hier davon liest.
Oder war dies schon länger bekannt?
Ich zumindest habe erst durch Peters Beitrag hier davon erfahren. Das ist aber eigentlich nicht so verwunderlich, denn es kommen dank der Recherche von Experten wie Peter immer wieder neue Hintergrundinformationen über alle möglichen Flugzeugtypen zu Tage. Teils liegt es vielleicht auch daran, daß in der Vergangenheit Bücher vor allem Modellbauer-orientiert waren, für die ein Gesamtbild aller Versionen mit den relevanten äußerlich erkennbaren Merkmalen in großer Detailtiefe das Hauptinteresse war. (Und ohne Internet hat ein Autor auch nicht mal eben gesagt, "Paßt zwar nicht in mein Buch, aber guckt mal, was ich hier im Archiv gefunden habe!", weil er gar keinen direkten Kanal zu seiner Leserschaft hatte.)
Wie groß das Ausmaß der Probleme jetzt wirklich war, müßte man jetzt erstmal einordnen. Mein Eindruck ist, daß gegen Kriegsende der Ton immer panischer wurde. Ein Beispiel dafür (in einem englischsprachigen Forum - deutsches Originaldokument unter Signatur R 3/3900 auf
https://invenio.bundesarchiv.de/ verfügbar):
Hi Dan, The glue used for the He 162's wings is referred to as 'P 600', a phenol resin produced by Dynamit at Troisdorf. Oh, that's interesting! Coincedentally, I walked along one edge of the vast factory grounds recently, with the relics on the other side of the old-fashioned concrete-post...
www.secretprojects.co.uk
Das Problem der Ta 152 war sicher real, aber der TLR-Vorschlag, GM-1 wegzulassen und mit weniger Treibstoff zu fliegen kam ja auch nicht aus dem luftleeren Raum. Eine Umkonstruktion war sicher sinnvoll, aber ob die Ta 152H und C in den Serienversionen mit Beladungseinschränkungen oder anderen Workarounds nicht doch einen Beitrag zur Steigerung der (schwindenden) Kampfkraft der Luftwaffe hätten leisten können, ist aus meiner Sicht noch offen. Der Rechliner Testpilot Lerche läßt im Testbericht der erbeuteten La-5 ja durchblicken, daß er deren Flugeigenschaften teils für ziemlich schlecht hält, daß die älteren russischen Muster aber noch schlechter waren ... und trotzdem haben diese Muster allesamt einen unverzichtbaren Beitrag zur Verteidigung der Sowjetunion geleistet.
Die Ta 152H-0 hatte ja scheinbar vollkommen akzeptable Flugeigenschaften, auch wenn man sich Berichte über dieses Muster mit dem neuen Hintergrundwissen vielleicht noch einmal näher ansehen sollte, ob sich da schon etwas andeutete. Insofern wäre es interessant, sich mal mit den Änderungen von der H-0 zur Serienausfertigung H-1 zu beschäftigen. Aus dem Kopf: Die H-0 hatte noch kein GM-1 und nicht alle Kraftstoffbehälter. Laut Gewichtsauftstellung in Hermanns "Focke-Wulf Ta 152" kamen bei der H-1 78 kg "Triebwerk in der Zelle" hinzu (wahrscheinlich primär die GM-1-Anlage und die Flügelbehälter) sowie 104 kg für 85 L GM-1 "im Rumpf hinten". Dafür entfielen 13 kg Ballast und 115 kg Treibstoff im "Rumpfbehälter hinten", hinzu kamen 296 kg Treibstoff in den Flügelbehältern sowie 64 kg MW50 im Flügelbehälter links innen.
Den größten Hebel haben hier sicher die GM-1-Anlage und der hintere Rumpfbehälter, aber die wurden auch gegeneinander ausgetauscht, so daß die Änderung des Schwerpunktes unter dem Strich eigentlich überschaubar sein sollte. Diese Gewichtsaufstellung ist allerdings vom 15.1.1945, ich kann nicht beurteilen, ob die tatsächliche Bauausführung davon evtl. abweicht.
In Hermanns Buch ist auch ein Bericht des Technischen Außendienstes von Focke-Wulf wiedergegeben (S. 93), der erwähnt:
"Unstabilität um Hoch- und Querachse wird von Techlin überhaupt als besonders nachteiligen Merkmal der Ta 152 H-0 in den Vordergrund geschoben, welches dauerndes Nachtrimmen beim Steigflug erfodern und auch im Kurvenflug stets Beobachtung des Wendezeigers verlangen soll. Diese Eigenschaften sind von der Gruppe [III./JG301] bisher nicht beanstandet worden, was vielleicht darauf zurückgeführt werden kann, daß nur Luftkampfübungen, aber keine Schießflüge durchgeführt wurden, die ein genaues Anvisieren des Gegners erfordert hätten, und die Unstabilität gezeigt hätten, wenn sie in dem von Rechlin dargestellten Maße vorhanden ist."
Es gab also auch schon bei der Ta 152H-0 Anzeichen unzureichender Stabilität, aber nicht in einem Maße, der den Jagdfliegern sofort auffiel oder erwähnenswert erschien. Es könnte sich vielleicht lohnen, auch noch mal in Reschkes Buch reinzugucken, der ja die Ta 152H-0 im Kampfeinsatz geflogen hat. Mein vager Eindruck ist, daß er sich fast nur lobend geäußert hat, aber an den obigen Abschnitt in Hermanns Buch hatte ich mich ja auch nicht auf Anhieb erinnert! ;-)
Tschüs!
Henning (HoHun)