Der Begriff "relativ ungeschoren" soll heißen, dass man nicht die komplette Einäscherung der eigenen Nation in Kauf nehmen muss. Das die Sowjets hier oder da einen Treffer landen, das ist anzunehmen.
Die meisten Städte der USA konnten die Sowjets gar nicht erreichen.
Ich nehme das als Aufhänger.
Ich hatte zwei Seiten zuvor gesagt. dass es klug ist, strikt zu trennen
zwischen Ideologie und Kriegskunst.
Ich halte jede Aussage der Art "alles kaputt" für spekulativ und rein
ideologisch geprägt. Hier haben wir den Sonderfall, dass östliche
und westliche Ideologie identisch waren - daher fällt das nicht so auf.
Die mehrfach gemachte Aussage "Atomkrieg war nicht gewinnbar,
Erde kaputt" muss man bei sachlicher Betrachtung in Zweifel ziehen:
Richtig wäre wohl: Ein globaler Atomkrieg wäre möglicherweise
gewinnbar gewesen. - Denn insbesondere fehlt ein Nachweis der
Aussage der Nichtgewinnbarkeit (glücklicherweise).
Zu bedenken ist auch, dass beide Seiten planten, die Waffen der
jeweiligen Gegenseite früh unschädlich zu machen: Ich erinnere
an Kampfaufträge der Speznas (GRU), Spezialaufklärer usw - und
an die in Büttners Artikel (Fliegerrevue x22) beschriebenen geplanten
Luftschläge gegen Raketenstellungen in der BRD.
Hätte man überleben können?
Auch hier ist die Antwort real nicht möglich - mangels Test.
Ich sehe mehrere Grundfehler bei diesen (immer wieder geführten)
Diskussionen:
* Die 50.000-Jahr-These ist falsch. Wenn das in jedem Fall gelten
würde, dann würde heute niemand in Hiroshima leben.
* Der Rückgang der Strahlung ist schneller als gemeinhin angenommen.
* Da wir in Europa leben sind wir darauf fokussiert: Die Wahrscheinlich-
keit, dass der Brückenkopf Westeuropa (und auch Osteuropa) ohne
Leben sein würden ist deutlich höher als zum Beispiel Südamerika
oder Südsibirien.
Und eine Anmerkung zur These, dass die Welt seit 1960 wegen des
sich einstellenden Gleichgewichts sicherer geworden sei: Diese These
halte ich für falsch - weil sie schon von falschen Annahmen ausgeht.
Auch ist sie deutlich
Ideologiegeprägt.
Die grundsätzliche Frage ist: Wie misst man Sicherheit?
Wenn man die Frage ganz sachlich betrachtet, dann muss man sagen,
dass sich Sicherheit nicht messen lässt. Messbar ist lediglich:
* Haben wir Frieden oder Krieg?
* Lebe ich?
Das ist alles dual.
Selbst wenn man als Hilfsargument annimmt, dass historische Ereignisse
oder höhere Stufen der Gefechtsbereitschaft als Indikatoren dienen
könnten - wird man schnell feststellen, das die These falsch ist:
* Operation Rian - 1983
* Mauerfall - 1989
* Putsch gegen Gorbatschow 1991
Das sind nur drei Beispiele für historische Situationen, in denen
die Welt deutlich in den Abgrund blickte.
Martin