Irgendwas wird wohl schiefgegangen sein. Ich bleibe dabei, dass weder das Wetter extrem nasty noch der Flughafen/ Anflug besonders tricky noch das Setup aufs Final irgendwie besonders außergewöhnlich waren.
Wie bereits bekannt werden bei der C510 Triebwerkseinlässe und Generator Cooling Inlets mit heißer Zapfluft, Nasenkanten der Tragflächen, des Seitenleitwerks und des Höhenleitwerks pneumatisch mit Boots enteist.
Die 510 ist zugelassen für Flüge in bekannten Vereisungsbedingungen. Sie tut dies seit Jahren zuverlässig und es gibt bisher keine Historie für Probleme bei Vereisungsbedingungen bei diesem Flugzeug.
Freilich ist jeder Einflug in Vereisungsbedingungen anders. Auch wirken sich Vereisungsbedingungen auf verschiedene Flugzeugtypen u.U. sehr unterschiedlich aus. Was für den einen Flieger und dessen Flügelprofil "moderate icing" ist, ist für den anderen vielleicht bereits "severe". Genau vor einer Woche gab es in der FIR Zürich "moderate icing" und die Flugsicherung hat JEDE Maschine im Anflug auf Zürich darauf hingewiesen. Für uns in der PC-12 war es imho nicht moderate. Es gab Eis, ja. Aber völlig im Rahmen der Möglichkeiten des Flugzeugs und bei funktionierenden De-Icing Systemen unbedenklich. In einer C340 oder gar einer Seneca mag das schon überaus unangenehm gewesen sein.
Die 510 schaltet wie die allermeisten Flugzeuge in dieser Kategorie ihre Anti- und Deicing Systeme nicht selbstständig ein. Citation typisch verfügt sie über "Ice Detection Lights": Von innen gegen die Windschutzscheibe rot leuchtende Lämpchen. Gibt es Eis auf der Scheibe (die Scheiben vereisen mit am schnellsten) gibt es einen ansonsten nicht sichtbaren roten Leuchtschein auf der Scheibe und man schaltet spätestens dann alles ein.
Im Gegensatz zu den CJ´s die über Hot Wings und eine pneumatische Höhenflossenenteisung verfügen (eine recht fragwürdige Kombination), hängt das De-Icing der 510 zusammen. Es gab früher immer wieder Tail Stalls bei CJ´s (ich mag mich da an einen Unfall im Anflug auf Salzburg??? erinnern) wenn die Crew nur Wing/ Engine Anti Ice, nicht aber das Tail Deice angeschaltet hat. Da die Systeme der 510 aber zusammenhängen, wäre "Tail Deice vergessen" wie bei den CJs möglich keine Option.
Viele Flugzeuge sind bei Vereisungsbedingungen mit reduziertem Klappensetting anzufliegen. Dies um die Möglichkeit eines Tail Stalls weiter zu reduzieren. Ich kann nicht sagen, ob dies für die C510 der Fall ist - jedoch spricht der Absturzort imho dafür, dass noch keine Landing Flaps gesetzt wurden. Die 510 hat die Klappenstellungen 15 ° und 30 °. Die Speedlimits hierfür sind 185 und 150 KIAS. Einen Tail Stall bei Tempo 200 oder 185 halte ich für eher abwegig. Der Anstellwinkel bei diesem Tempo ist einfach zu gering.
Dennoch - es gab und gibt immer wieder Unfälle im Zusammenhang mit Vereisung. Klar liegt der Fall für mich aber nicht.
Bzgl. Crew Erfahrung wäre ich auch vorsichtig. Man kann grundsätzlich nicht Erfahrungen von Flugzeugen Klein auf Groß oder umgekehrt so einfach bewerten. Wie bewertet man einen Piloten der nach 20 Jahren Airline von der Triple 7 auf eine G550 umsteigt? Oder wissen wir, ob der F/O vorher tausende Stunden mit C421´ern durchs Eis gepflügt ist und daher mit den Enteisungssystemen der 510 (Boots) bestens vertraut ist und der sich gefreut hat, dass sein Workload in der Mustang nun nur noch 50 % von dem der 421 beträgt? Wissen wir nicht. Also können wir es auch nicht bewerten.