Air Power schrieb:
Es geht eigentlich bei den ARMs eher weniger um die Zerstörung der SAM Ramper als um die Zerstörung des Radars. Ohne Radar ist jede moderne SAM auch nichts weiter, als eine ungelenkte Rakete. Auf welches Ziel soll man denn eine SAM abfeuern, wenn das Zielortungs- und -erfassungsgerät zerstört ist?
Mal als Hintegrundinfo:
Die SA-6-Gainfull-Batterie nimmt eine Fläche von 600 * 600 m ein, dabei stehen die Startrampen (oder "Werfer") in den Ecken. In der Mitte steht die Aufklärungs- und Leistation und meist noch die KPZ (Kabine zum Emfang der Zieldaten, dazu später).
Die Startrampen sind eigentlich "doof". Das Ziel wird von der Aufklärungs- und Leitstation aufgeklärt. Wird ein Ziel zur Bekämpfung ausgewählt, so wird es mit einem Dauerstrichsender angestrahlt. Die Leitstation Errechnet Koordinaten und Geschwindigkeit des Luftzieles und gibt diese über "Taktischen Datenlink" (oder über Kabel) an die Startrampen weiter. Diese errechnen den Vorhaltepunkt und richten die Raketen auf diesen aus. Gleichzeitig wird der Zielsuchlenkkopf auf das Ziel gerichtet und selektiert dieses nach der Geschwindigkeit. Geschossen wird meist von der Aufklärungs- und Leitstation aus. Während des gesamten Fluges der Rakete wird dabei das Luftziel mit dem Dauerstrich angestrahlt. Die ALS ist also der Knackpunkt, die Batterie wäre selbst bei Ausfall von 1-3 Werfern noch bedingt einsatzfähig, ohne ALS ist sie es nicht.
Meines Wissens waren die ersten ARM noch nicht in der Lage, aus den relativ kurzen Impulsen der Aufklärungsstation eine Zielinformation zu gewinnen. Da aber die Leitstation relativ lange in Betrieb bleiben muss, bot sie ein gutes Ziel.
Dagegen halfen mehrere Maßnahmen:
1. Die Zieldaten wurden im Aufklärungsverbund durch Funkmeßstationen an verschiedenen Orten ermittelt und per TDL an die KBU (Kampfführungskabine) auf dem Regimentsgefechtsstand übergeben. Dort wurden sie auf mehreren Bildschirmen dargestellt. Die Auswahl der Ziele und die Zielzuweisung an die Batterien wurden mittels "Lichtgriffel" vorgenommen. Die oben schon erwähnte KPZ empfing dann die Daten und gab sie an die ALS weiter, wo das Luftlagebild dargestellt wurde. Vorteil ist, dass die Aufklärungsstation nicht senden muß.
2. Zur Ermittlung der genauen Zielkoordinaten und der Geschwindigkeit ist ja eigentlich der Dauerstrichsender notwendig. Man konnte aber auch mittels Fernsehvisier das Luftziel begleiten (Darstellung auf Bildschirm, Nachführung der Kamera halbautomatisch oder manuell mit "Joystick"). Der Dauerstrichsender blieb also bis unmittelbar vor dem Start aus.
3. Die Datenübergabe an die Startrampen erfolgte über Kabel, also auch hier kein Funkverkehr.
4. Es gab zumindest theoretisch ein Schießverfahren, wo der Dauerstrichsender erst eingeschaltet wurde, wenn die Rakete schon in der Luft war- theoretisch hätte der Zielsuchlenkkopf das Luftziel erfassen müssen.
Alles zur Verminderung der Abstrahlung, die Sendezeit konnte so auf 20-30 sec verringert werden. Es gibt bestimmt jemanden im Forum, der sagen kann, was der F-4-Pilot jetzt alles machen muss
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Die Shrike flog bei Ausfall einfach mit Trägheitsnavigation weiter. Daher haben die Vietnamesen Bambusmatten vor die Schüssel gehängt, um die Zünder im ungefährlichen Abstand auszulösen.
Nach dem Schuß: Stellungswechsel.
Zeit zum Verlassen einer Startstellung 6 min, zum Beziehen einer vermessenen Startstellung 9 min.
Wohlgemerkt, wir reden hier von Technik und Taktik Mitte der sechziger Jahre. Schon die SA-8 konnte dann aus dem kurzen halt schießen. Entweder man erwischt sie, wenn man sie sieht, oder läßt es bleiben.
Man muss allerdings sagen, das die Sowjets bei Exportversionen einige "goodies" ausgebaut haben, die Araber haben das Fernsehvisier nie bekommen. Auch die Raketen für die NVA waren nicht mit den sowjetischen identisch (3M9MÄ = Rakete 3M9, M=modernisiert, Ä= Export).
Gruß R.