Wie auch in anderen Threads entflammt bei einer Diskussion mit technischen Hintergrund auch gleich wieder die Frage des persönlichen Lieblings, welches Flugzeug denn nun das Bessere ist.
Speziell im Falle der Mig 29 A ist das hier schon unendlich viel heiss besprochen wurden.
Als ich als junger Mann Anfang 20 die Maschine zum ersten mal sah, war ich auch hin und weg. Zumal ich zu diesem Zeitpunkt selber meinen Ehrendienst im JG 7 absolvierte und einen Vergleich zur Mig 21 hatte. Ich habe wahrscheinlich sogar die Vorführung der Mig 29 für die DDR-Offiziere in Merseburg erlebt und die Flugmanöver haben mich in fassungsloses Erstaunen versetzt. Von da an war es schon abgöttische Ehrfurcht und ich dachte, wie wahrscheinlich viele ostdeutsche Flugbegeisterte, das ist ultimative Kampfmaschine.
Doch im Laufe der Jahre hat meine Faszination eben ein paar Kratzer abbekommen.
Für den gedachten taktischen Einsatzzweck im Warschauer Pakt war das Muster sicherlich fast ideal. Allerdings weis ich nicht, ob die DDR-Offiziere auch damals schon unter allen Gesichtspunkten mit der Maschine zufrieden waren. Ob die Radarleistung hinsichtlich Erfassungsreichweite und Genauigkeit und Zuverlässigkeit vielleicht schon zu Einführung in der NVA mal gerade als ausreichend aber nicht so richtig befriedigend galten. So richtig lange unter astreiner NVA-Führung ist sie nicht mehr geflögen und hatte vielleicht gerade den Erprobungsstatus gschafft.
Genauso wenig ist aus betriebswirtschaftlicher Sichtweise aus NVA-Sicht bekannt. War sie für DDR-Verhältniss teuer oder sogar sehr teuer im Unterhalt.
Nun kam für das Muster eine neue Zeit mit neuen Betreibern und diese hatten eine völlig andere Vorstellung vom Einsetzen eines Kampfflugzeuges.
Nun könnte man hier bereits wieder spekulieren, was nun die Gründe für den weiteren Einsatz diese Maschine in der Bundesluftwaffe waren. Sicherlich waren die technischen Flugparameter beiendruckend und die sich daraus ergebenden taktischen Einsatzprofile wie z.B. Reichweite und anderes zumindestens akzeptabel.
Ich denke, der Gedanke, das man in der Nato praktisch ein voll einsatzbereites und ausgerüstetes "Feindflugzeug" zur Verfügung hatte, wird einer der Hauptgründe für den Weiterbetrieb gewesen sein. Das sieht man auch am Einsatz und der Vielfalt der Übungen.
Aber gerade bei der Anzahl der vielen Übungen konnte man dann auch sehr gut die Vor- und Nachteile der Maschine im taktischen Vermögen aufdecken. Bei den Staffelaustauschen konnten die Piloten und auch die Wartungstechniker ihre Erfahrungen hinsichtlich ihrer Muster austauschen.
Klar kann ich meine Landsleute wie Veith und Nachbrenner verstehen, dass sie unsere Mig 29 bis zum Tod gegen Schorsch verteidigen. Ist wie gesagt, alles aus dem Winkel der Betrachtungsweise.
Wenn ein relativ kleines Land wie Ungarn, Rumänien oder eben auch die Slowakei nun ohne grossen ehemaligen Bruder dastehen und sich nur ein Typ von Kampflugzeug leisten können, dann müssen oder wollen sie möglichst alle Leistungsmerkmale der heutigen Einsatzprofile damit abdecken können. Nun hat die A-Fulcrum im besagten BVR-Bereich einen Nachteil gegenüber anderen aktuell vergleichbaren Muster wie Rafale, F18, F16 oder den Gripen.
Die Sache mit dem Helmvisier ist ja unbestreitbar eine tolle Sache, aber das Leben eines Jägerpiloten besteht nun mal nicht immer nur aus Dogfight.
Ich kann mich noch gut an die Aussage eines wahrscheinlich westdeutschen Mig-Piloten erinnern, als er auf meine Frage, ob die Mig denn den amerikanischen Modellen ebenbürtig sei, antwortete: "Wir müssen mal sehen, ob wir an die Amis rankommen". Anlass war Tag der offenen Tür in Spandghalem irgend wann in den 90-zigern. Ich wusste damals nicht so recht, was er damit meinte.
Update-Programme wurden und werden immer wieder von potentiellen Interessenten angeboten. Technisch ist vieles möglich. Letztendlich muss der Betreiber für sich entscheiden, was will mit einer Veränderung erreichen und rechnet sich das in meinem speziellen Fall überhaupt. Wenn die Umrüstungskosten zum damaligen Anschaffungspreis in einem ungünstigen Verhältnis stehen, dann stehen die Chancen eher schlecht. Das ist wie mit dem eigenen Auto, das recht betagt ist und nochmal über den TÜV gebracht werden soll. Wenn die Reperaturkosten dafür den Restwert des Wagens recht nahe kommen, dann versucht man in den allermeisten Fällen, den Wagen so günstig wie möglich los zu werden. Zumal man nicht sagen kan, was dann im weiteren Betrieb als nächstes den Geist aufgibt. Die Zeiten von Störung zu Störung werden immer kürzer, die reale Einsatzbereitschaft der Technik sinkt. Das sind keine Oldtimer, welche nur zu besonderen Anlässen und nur bei schön Wetter zum Einsatz gebracht werden.
Die Bereitwilligkeit, die A-Fulcrums einiger ehemalige Ostblockbetreiber aufzuwerten, wurde aus unterschiedlichen Gründen nicht getätigt.
Allerdings ist unser ehemaliger grosser Bruder nicht ganz unschuldig an dieser Lage. Wir Ossis wissen ja, wie es mit der Qualitätsphilosophie der Russen bestellt ist. Des weiteren "glänzt" Mig im Kundendienst und sollte im Eigeninteresse die Updates so preiswert wie möglich machen. Aber man wollte schnell grosses Geld verdienen und hat "traditionelle Kunden" wahrscheinlich gut brüskiert. Tschechien hat meiner Meinung nach zu recht die logischen Schlüsse gezogen. Man kann sich nicht wie grosse Betreiberländer wie Indien, China oder Russland Flugzeuge mit eingeschränkten Leistungsparametern leisten. Und das es halt anders geht, zeigt Schweden, Frankreich und EADS oder meinetwegen auch Übersee.
Mig hat zwar auch was halbwegs gleichwertiges im Angebot mit der Mig 35. Zumindestens mit den aktuellen F15, F16 und F18 mitzuhalten.
Mein persönlicher Gradmesser ist die Ausschreibung in Indien. Bin mal gespannt, wer das Geschäft in trockene Tücher bringt.
Mein Resümee: mein Herz schlägt für die Mig 29, mein technischer Sachverstand Europa