@Philipus II:
ja, es sind wichtige Faktoren, die Du aufzählst!
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Mehrheitlich wird die MD-11 als Flugzeug beschrieben, welches im Vergleich zur „frühen“ A340 und Boeing 777 erheblich mehr Nutzlast transportieren konnte. Vielleicht konnte und kann diese Fähigkeit nun als Frachter voll ausgeschöpft werden?
Die Nutzlastbeschränkungen waren am Anfang der MD-11-Karriere notwendig, aber viele Indizien sprechen dafür, dass die Mehrheit der MD-11-Betreiber durch Modifikationen (PIP´s – Performance Improvement Packages) ab Mitte der 1990er MD-11 einsetzten, die sehr wohl die Anforderungen erfüllten. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so kann ich mir schlicht nicht vorstellen, dass zum Beispiel Finnair ihr ganzes Langstrecken-Linienprogramm auf ihre damals vier MD-11 gestützt hätte. Finnair haben 1993 tatsächlich überlegt, ihre gesamte Flotte durch 30 Boeing 737/767 zu ersetzen, aber man entschied sich für den weiteren Einsatz der DC-9/MD-80/MD-11. Hier wäre ein klarer „Bruch“ richtig gewesen, wenn man in der MD-11 nicht das geeignete Gerät gesehen hätte.
Ich glaube, dass zumindest die MD-11 der American Airlines während ihrer Einsatzzeit keine PIP`s erhielten. Die MD-11 waren somit nicht aufgerüstet, nur technisch soweit getrimmt, damit die Einsatzzuverlässigkeit sich auf normale Werte verbesserte. Es ist ja nicht so, dass die MD-11 bis zum letzten Einsatztag bei AA ständig nur Probleme bereiteten. Richtig scheint zu sein, dass die MD-11 bei AA in der Einführungsphase eine nicht akzeptable Anzahl von Problemen hatten und die Anforderungen ihres geplanten Einsatzes nicht erfüllen konnte.
Es kam zu sehr unschönen Verstimmungen zwischen American Airlines und McDonnell Douglas. Der Hersteller war sehr unerfreut darüber, dass der damalige CEO von AA die MD-11 in einer Art und Weise kritisierte, die in den Fachmedien und auch in der breiten Presse Gehör fand. Kein anderer Betreiber äußerte sich so harsch wie American, obwohl auch Finnair, Korean Air und Swissair ihren Unmut äußerten, aber diese wirkte „konstruktiver“. Böse Zungen behaupten gar, dass (zusätzlich zu den guten Konditionen für die MD-11) weitere Zugeständnisse seitens McDonnell Douglas für AA herausspringen sollten, der Hersteller aber nicht mehr gewillt war, um jeden Preis die American Airlines zufrieden zu stellen. Im Hinterkopf hatte man vielleicht auch das damals große und einmalige Entgegenkommen für 167 MD-80. Die PIP´s kosteten Geld, wobei ein Teil durch Kompensationszahlungen finanziert werden konnte und sich die Unternehmen untereinander einigten. Die MD-11 der American Airlines gehörte anscheinend nicht zu den Nutznießern dieser Verbesserungspakete, da es die Airlines nicht umsetzte.
Details werden nie bekannt werden, aber ich glaube, dass es ein Drahtseilakt für McDonnell Douglas war, da American Airlines trotz aller niederschmetternder Kritik weiterhin eines der wichtigsten Kunden für McDonnell Douglas waren und Hoffnungen für Folgebestellungen für MD-80 (man hielt neben den 260 Flugzeugen noch 90 Optionen) oder Umwandlungen in solche für MD-90 bestanden.
Nach Lieferung der letzten MD-11 an AA im Jahr 1993 lag schon die Stimmung in der Luft, dass für zukünftige Langstreckenflugzeuge keine weiteren Optionen für MD-11 in Festbestellungen umgewandelt werden sollten. Nur wenige Jahre später sollte klar sein, dass durch einen Exklusivvertrag mit Boeing 777 der Ersatz der MD-11 einleitet werden sollte.
Die MD-11 hatte zwar ihren zeitlichen Vorsprung gegenüber der A340 und Boeing 777, aber diese Muster haben vielfach die MD-11 ersetzt, obwohl damals die MD-11 für die betreffenden Unternehmen das „richtige“ Flugzeug war und auch die Folge einer sehr logischen Flottenentwicklung. Es ist deshalb für mich (nicht hier) befremdlich, dass ab und an im Internet die damalige Entscheidung einer Airline zugunsten der MD-11 in Frage gestellt wird. Die MD-11 gewann eine nicht unerhebliche Anzahl von DC-10-Betreibern und dies war mehr als logisch. Es war eher schockierend, dass eine SAS ihre Option für 12 MD-11 nicht umsetzte und die 767 bestellte, da die 767 in dieser Phase überhaupt nicht in die Flottenstruktur der SAS passte. SAS lehrte uns aber wenig später, dass ihr Geschäftskonzept aufging und in den 1990ern sehr erfolgreich ihr Produkt festigen konnte.
Und auch wenn es subjektiv ist und sicherlich eine Portion Sentimentalität: die A330 und A340 bei Finnair mögen technisch moderner sein und dem heutigen Standard entsprechen und modern aussehen.
Meinerseits vermisse ich die ab und an den klassischen Finnair-Charme mit finnischem Kreuz auf dem Leitwerk und der kleinen, aber feinen MD-11-Flotte und den DC-9/MD-80 im Kurz- und Mittelstreckenbereich. Es zeigt für mich, dass Flugzeugtypen nicht nur schlichte Transportmittel einer Fluggesellschaft sind, sondern auch rückblickend eine Epoche prägen, ein Image erzeugten. Und wie soll eine wichtige Person (CEO oder Technikchef?) bei Finnair noch ca. 2004 gesagt haben: „der beste Ersatz für eine MD-11 ist eine MD-11“ (wohl eine Anspielung auf einen bekannten Spruch im Zusammenhang mit der DC-3).
Gruss!