Abfangjäger werden zum Wahlthema in Österreich
Die offizielle Version ist, dass die Beschaffung der Abfangjäger dem neu zu wählenden Parlament Österreichs überlassen wird. In der Realität dürfte der Kauf der 18 Eurofighter "Typhoon" nach dem Sturz der Regierung vom Tisch sein, sagen politische Beobachter und Meinungsforscher. Je nach Wahlausgang könnte grundsätzlich der Kauf von Kampfflugzeugen auf Jahre hinaus kein Thema sein. Die rund 1,8 Milliarden Euro teuren Eurofighter waren der Auslöser für den Sturz der Regierung von Freiheitlicher Partei (FPÖ) und Volkspartei (ÖVP) und dürften auch eine zentrale Rolle im Wahlkampf spielen. "Steuerreform statt Abfangjäger" war die Forderung, die der Kärntner Ministerpräsident Jörg Haider ultimativ an FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer gestellt hatte, nachdem sie mit der Regierung für den Kauf gestimmt hatte. Riess-Passer trat als FPÖ-Chefin zurück. Der langjährige Vorsitzende der FPÖ, Haider, will die Abfangjäger auch zum Wahlkampfthema machen. Die Sozialdemokraten (SPÖ) und die Grünen sind für den vorläufigen, sondern für den völligen Verzicht auf Abfangjäger.
Vor der Wahl werden die Flugzeuge nicht mehr gekauft. Die Regierung hätte dies vor der Auflösung des Parlamentes am 19. September noch tun können, dazu fehlt ihr aber bereits die notwendige Mehrheit, weil Teile der FPÖ gegen die Abfangjäger sind. Schüssel, Kanzlerkandidat für die ÖVP, sagte, grundsätzlich halte die ÖVP am Kauf fest. Er kündigte auch ein neues Finanzierungsmodell an, dessen Inhalt aber nicht klar ist.
Dem Eurofighter war der Vorzug vor dem schwedischen Saab Gripen und der US-amerikanischen Lockheed F-16 gegeben worden. Österreich hatte sich für die teuerste Variante entschieden. Umstritten war und ist die Abjangjäger generell. Im Sommer 2002 unterzeichneten 624.720 Bürger ein Volksbegehren gegen den Kauf.
"VERITABLEN RÜCKSCHLAG FÜR DEN EUROFIGHTER"
"Es kommt natürlich auf die Konstellation nach der Wahl an. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Abfangjäger gekauft werden, ist aber deutlich kleiner geworden", sagte Politikwissenschafter Emmerich Talos von der Universität Wien. Fritz Plasser vom Zentrum für Politikforschung sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Ich würde das schon seit gestern als veritablen Rückschlag für den Eurofighter sehen." Das Eurofighter- Konsortium gab sich am Mittwoch verschlossen. "Wir sind noch in Verhandlungen. Das ist alles, was ich sagen kann", sagte Aloysius Rauen, Vorstand in der EADS Militärflugzeug-Division.
"Es wurde aus taktischen Gründen verschoben. Das war nicht eine Distanzierung der ÖVP von der Notwendigkeit eines Abfangjäger-Kaufes", sagte Plasser. 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung seien gegen die Kampfflugzeuge, weshalb dieser Angriffspunkt für den Wahlkampf entschärft werden musste. "Heller Populismus" sei die nunmehrige Verschiebung der Beschaffung durch Schüssel, sagte Talos. Dies sei der Versuch, ein sehr umstrittenes Thema aus dem Wahlkampf herauszunehmen, obwohl die ÖVP für die Eurofighter eingetreten sei.
Plasser rechnet damit, dass im Januar 2003, wenn das neue Parlament zusammentritt, eine Grundsatzdebatte über Abfangjäger stattfinden wird. Dass die Beschaffung von Kampfflugzeugen überhaupt gescheitert ist, sei nicht sicher. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine rot-grüne Regierung sich für Abfangjäger erwärmt, ist aber gering. "Wenn es eine rot-grüne Mehrheit und damit Regierung gibt, würde ich nicht sagen, dass der Ankauf von Abfangjägern gänzlich gescheitert ist, aber der Eurofighter sehr wohl", sagte Plasser. Es würden vielleicht wieder die anderen Varianten ins Spiel kommen.
Quelle: Reuters.