Hallo, Peter,
Wieder mal sehr interessant. Wenn ich aber z.B. deine errechneten Steigleistungen mit denen der tatsächlichen erflogenen in der Ta 154 V8 in Beitrag #118 vergleiche, stoße ich auf erhebliche Unterschiede. Die V8 kommt bei Startleistung am Boden auf rund 16 m/s, du aber auf über 20 (blaue Linie).
Ich glaube, die Steigraten für die Ta 154 V8 sind dem Diagramm für die Steigleistung angegeben, mit dem Hinweis "3000 U/min". Ich lese den Wert genau in Meereshöhe als 17,7 m/s ab, ich habe dagegen 17,9 m/s errechnet.
Das ist allerdings keine so gute Passung, wie man erst denken könnte, denn:
- Die V8 ist 250 kg schwerer als die V22 in der Rechnung.
- Die V8 flight mit offenen Spreizklappen, ich habe mit geschlossenen gerechnet.
- Die V8 hat Flammenvernichter, die zusätzlichen Luftwiderstand erzeugen, den Strahlschub reduzieren und eventuell sogar die Motorleistung verringern.
Woher kommen die großen Unterschiede in der Steigleistung? Kann es nur an den bei dir geschlossenen Kühlerklappen liegen? Für eine stimmige Rechnung müßten die auf alle Fälle in Auf-Stellung einbezogen werden.
Ich bin bei Abweichungen von nur 1 - 2 m/s recht gelassen, denn in der Praxis können Motoren bis zu 5 % von der Datenblatt-Leistung abweichen, ohne daß ein Problem vorliegt, einfach nur durch Produktionsstreuung. Auch der Leistungsverlauf über die Höhe kann aufgrund der Lader-Toleranzen etwas abweichen, worauf Du ja schon hingewiesen hattest. Da man kaum jemals direkt vor oder nach den Testflügen den Motor auf dem Prüfstand nachgemessen hat, kann man also keine perfekte Genauigkeit erwarten. Auch die Bauausführung und der Erhaltungszustand der Zellen spielt eine Rolle für den Luftwiderstand, so daß Tests "gleicher" Flugzeuge oft zu spürbar unterschiedlichen Ergebnissen führten.
Die "Auf"-Stellung berücksichtigen zu können wäre schön, aber aufgrund der beschriebenen Ungenauigkeiten ist es schwierig, sie aus den Testdaten zu ermitteln. Meine Überlegung ist auch, daß für einen Berechnung eines realen Steigvorgangs auch der Kraftstoffverbrauch während des Steigens berücksichtigt werden müßte, was aber im Zeitalter des Rechenschiebers nicht gern gemacht wurde.
Wenn ich aber für ein festes Fluggewicht rechne, um mit den zeitgenössischen Verfahren übereinzustimmen, dann ist meine Steigleistung ein momentaner Wert, wie er vielleicht im Luftkampf kurzzeitig abgefordert wird, ohne daß der Motor bei geschlossenen Kühlerklappen überhitzt, weil es eben kein Dauer-Steigflug ist, sondern ein vorübergehender Flugzustand. Das ist ein bißchen philosophisch :-)
Es gibt noch weitere Feinheiten, aus denen heraus ich die Steigleistungskurven (auch die historischen) eher für eine Angabe der spezifischen Überschußleistung halte. Bei Steigzeit-Kurven muß man schon genauer hinsehen, aber auch dort ist meinem Eindruck nach häufig die Erleichterung des Flugzeugs durch den Kraftsstoffverbrauch nicht berücksichtigt.
Im Nachbarfaden über den DB 601 ist übrigens in den Leistungsschaubildern des 213 A bereits die erhöhte Startleistung von rd. 1900 PS durch Ladedruckerhöhung eingezeichnet. Hierbei dürfte es sich aber wieder um Nachkriegsdokumente handeln. Die Sachen haben Jumo-Leute für die Amerikaner im April/Mai 1945 zusammengestellt. Die Angaben scheinen aber zu passen.
Es gibt allerdings auch ein Focke-Wulf-Dokument, "Leistungsvergleich Fw 190 - Ta 152" vom 3.1.45, in dem Leistungskurven für verschiedene Jäger dargestellt werden, bei denen als "Weiterentwicklung!" gekennzeichnet der "Jumo 213A - 1900 PS Basis" und der "Jumo 213E - 1900 PS Basis" erwähnt werden. Mir liegt auch ein Scan eines entsprechenden Motorleistungsblattes mit deutscher Beschriftung vor, allerdings ohne Datum oder Kontext. Ohne sie übereinandergelegt zu haben, scheint dieses Blatt mit englischer Beschriftung neu gezeichnet worden zu sein (als Bestandteil von AIR 40/74, T/I Report E-25, ohne Datum) ... vielleicht ist T/I die amerikanische Technical Intelligence und das deutsche Blatt die Grundlage für die von Dir erwähnte Zusammenstellung?
Ich glaube, vor ein paar Jahren wurde in diversen Foren die Überlegung diskutiert, ob die "1900-PS-Basis" der ursprüngliche Entwurf des Jumo 213A war, der sich in der Praxis dann aber nicht realisieren ließ, weil man aus Vibrationsgründen unter erheblichen Leistungsverlust auf die geänderte "Rechliner Zündfolge" umstellen mußte, um den Motor serienreif zu machen. Das war aber nur eine Hypothese ... vielleicht stand in der Flugzeug Classic auch mal etwas zu dem Thema, ich glaube da waren einige gute Artikel über Motoren drin so im Lauf der Jahre.
Tschüs!
Henning (HoHun)