Harte Landungen und Brüche nach Seilriß oder sonstiger Unterbrechung sind vermeidber. Sie sollen nicht sein, aber kommen schon mal vor. Dieses mal besonders medienwirksam, wegen des Umstands mit dem Jogger.
Dabei scheinen mir Mängel in der Crew Communikation/Coordination eine Rolle zu spielen, die bisher vielleicht ungenügend beachtet und betrachtet worden sind. Das Zusammenspiel von Lehrer und Schüler, wer verläßt sich auf wen, und wie lange, und wer macht was, wenn es eng wird, ist dabei möglicherweise nicht gut genug durchdacht.
Bei Ausbildung am Doppelsteuer gibt es kein Zusammenspiel von Lehrer und Schüler: Der Schüler fliegt solange, bis der Lehrer die Notwendigkeit sieht, einzugreifen. Dann übernimmt der Lehrer sofort die *volle* Kontrolle. In kritischen Situationen in Bodennähe läßt man den Schüler nicht herumprobieren.
Problem bei dieser spezifischen Situation:
Ein Segelflieger ist darauf trainiert, eine Startunterbrechung im Windenstart als "schlagartig" imSinne eines Seilrisses zu erwarten. Gibt es einen harten Schlag und der Seilzug ist plötzlich weg, dann setzen Training und antrainierte Reaktionen ein und es wird nahezu hundertprozentig sicher sofort ausreichend nachgedrückt.
Anders die Situation, wenn die Winde sanft die Leistung reduziert:
In praktisch allen Fällen reagiert derPilot zu langsam, wenn der Fahrtverlust nicht mit einem "Schlag" (Seilriß) einhergeht.
Ich schule das ganz gerne, auch bei Überprüfungsflügen mit erfahrenen Scheininhabern und kann mich an keinen einzigen Fall erinnern, bei dem ich als Fluglehrer in dieser Situation *nicht* eingreifen mußte.
In anderen Worten: Wenn man als Seilrißübung den Windenfahrer anweist, das Gas nicht schlagartig, sondern langsam zu reduzieren, erwischt man jeden Piloten kalt.
Ich selber bin auch schon bei einem Ernstfall (trotz richtig viel Übung und Erfahrung mit dieser Situation) etwas langsamer geworden als geplant.
Nimmt also der WIndenfahrer *langsam* das Gas heraus, sobald er über den Fußgänger informiert wurde (das wird er sehr wahrscheinlich machen, weil schlagartiges Gaswegnehmen in Bodennähe mit Sicherheit dazu führt, daß sich der Seilfallschirm öffnet und über die Haube legt) , dann ist die Chance sehr groß, daß selbst gut trainierte Piloten zu spät reagieren.
"Langsam Gas wegnehmen" ist hier 3-4 Sekunden bis Leerlaufdrehzahl.
Ergo:
Das war eine wirklich knifflige Situation, bei der kleine Fehler zum Unfall führen können.
Auch wenn der Unfall natürlich vermeidbar ist, sind in genau dieser Situation (langsame Leistungsreduktion der Winde in Bodennähe) die Toleranzen sehr viel kleiner als in nahezu allen anderen Phasen des Fluges.