David Dornier will in einem Jahr ein „Landshut“-Museum bauen – in Friedrichshafen
Nicht, dass es hier im Thema noch langweilig wird...
Zitat (weil Bezahlbericht) aus dem Bericht der Schwäbisch Zeitung vom 27.10.2020:
Die unendliche Geschichte der 1977 von Terroristen entführten Lufthansa-Boeing „Landshut“ wird um ein Kapitel reicher: David Dornier, Enkel des Luftfahrtpioniers Claude Dornier und bis vor kurzem als Direktor des Firmen- und Familienmuseums mit dem Projekt befasst, will jetzt als Privatmann in Friedrichshafen einen Gedenkort für die Opfer des RAF-Terrors schaffen. Die Bundesregierung reagiert zurückhaltend, das Rathaus auch.
Es war ein Volksfest, als die „Landshut“ im September 2017 im Bauch einer riesigen Tupolew auf dem Flughafen Friedrichshafen gelandet ist. Tausende waren vor Ort. Die Boeing, die im Deutschen Herbst von linksradikalen Palästinensern entführt und von der Eliteeinheit GSG 9 befreit worden ist, war Thema in allen Zeitungen und der Tagesschau. Ein Museum war geplant, das an die Leiden der Opfer, aber auch an die Wehrhaftigkeit der deutschen Demokratie erinnern sollte, angedockt ans private Dornier-Museum.
Passiert ist seitdem – nichts. Die „Landshut“ – ein Wrack ohne Tragflächen – steht weitgehend unberührt und zunehmend unbeachtet in einem Hangar des Bodensee-Airports. David Dornier, bis Oktober Direktor der Dornier-Museums, und Monika Grütters (CDU), als Staatsministerin im Kanzleramt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), haben sich offenbar überworfen. Ein Streitpunkt: die Frage, wer die Betriebskosten des geplanten Museums zu tragen hat. Die Folge: BKM prüft andere Standorte für einen möglichen „Landshut“-Gedenkort.
Dornier will gemeinnützige Stiftung
Nun unternimmt Dornier noch einen Versuch, die „Landshut“ am Bodensee zu halten. Nach Aufgabe seiner Ämter im Familien- und Firmenmuseum schlägt er vor, als Privatmann das Projekt voranzubringen. Seine Idee: Er will eine gemeinnützige Stiftung „18. Oktober“ gründen, benannt nach dem Datum der Befreiung der Maschine in Mogadischu. Er sei bereit, 100 000 Euro aus seinem Privatvermögen einzubringen, sagt David Dornier der „Schwäbischen Zeitung“ und erinnert daran, dass er bis dato schon 200 000 Euro aus eigener Tasche in das Projekt gesteckt habe.
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Er setzt darauf, dass der Bund das Geld, das für die „Landshut“ vorgesehen ist, auch in diese Stiftung einbringt. Dornier geht von 14 Millionen Euro aus. Offizielle Zahlen hierzu gibt es nicht. Im Jahr 2018 war von zehn Millionen Euro die Rede, fünf Millionen für Rückführung und Restaurierung, fünf Millionen für ein Museum samt Ausstellungskonzept.
Dornier sagt, dass er mit einer gut ausgestatteten Stiftung auch die Betriebskosten eines solchen Museums dauerhaft stemmen könne. Entstehen soll die Ausstellung auf einem Grundstück David Dorniers nord-östlich des Dornier-Museums, neben einem Fitness-Studio.
Einweihung schon bald?
Wenn man eine Fertigbauhalle errichte, könne das Museum schon in einem Jahr eingeweiht werden, meint David Dornier. Die Direktorin des Hauses der Geschichte Baden-Württembergs, Paula Lutum-Lenger, die auch Vorsitzende des wissenschaftlichen „Landshut“-Beirates ist, hatte ebenso vorgeschlagen, das Wrack zeitnah zu restaurieren. Mit passender Einbettung könne man diesen Prozess öffentlich erlebbar machen, sagte sie der „Schwäbischen Zeitung“.
Für den von ihm nun vorgeschlagenen Standort spreche, dass dort Infrastruktur und Büroflächen vorhanden seien. Er hält auch eine Zusammenarbeit mit dem Dornier-Museum zum Beispiel beim Verkauf von Eintrittskarten für möglich. Der von ihm vorgeschlagene Weg sei der kostengünstigste, meint David Dornier.
Ob er den Zuschlag bekommt, scheint ungewiss. Die BKM favorisiert wohl die Idee, die „Landshut“ im Militärhistorischen Museum Berlin-Gatow auszustellen. Hausherr: das Bundesministerium der Verteidigung. Dort gebe es mittlerweile einen Entscheidungsvorschlag des Hauses pro Gatow, der bei Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zur Entscheidung liege, sagte ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Wann die Entscheidung falle, könne er nicht sagen.
Das Innenleben der Landshut
Das letzte Wort habe bei diesem Thema sowieso das Kanzleramt. Das Verteidigungsministerium könne nur einen Vorschlag unterbreiten. Die Kritik, dass das Museum in Gatow, das sich mit der Geschichte der Luftwaffe befasst, gar keinen Bezug zum Thema Terror habe, will der Sprecher nicht teilen. Es gebe Überlegungen, das historische Flugzeug in die bestehende Ausstellung zu integrieren und den Schwerpunkt dabei auf das Thema Sicherheitspolitik zu legen.
BKM: Zurückhaltende Bewertung der Pläne
Den Vorschlag David Dorniers zur Errichtung einer Stiftung in „öffentlicher Trägerschaft“ habe man „zur Kenntnis genommen“, sagte ein BKM-Sprecher. Grundsätzlich seien verschiedene Trägerschaften und Rechtsformen für die „Landshut“-Ausstellung im Gespräch.
„Die Einrichtung einer Stiftung des öffentlichen Rechts, für die ein entsprechendes Stiftungsgesetz erforderlich wäre, aus Bundesmitteln am Standort Friedrichshafen wird derzeit schon aus kompetenz- und haushaltsrechtlichen Gründen zurückhaltend bewertet“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des BKM-Sprechers weiter.
Stets zurückhaltend war auch die Stadt Friedrichshafen bei dem Thema. Man bleibe bei der bekannten Haltung, heißt es aus dem Häfler Rathaus: „Bei diesem Projekt handelt es sich nicht um eine kommunale Aufgabe.“ Ohne Kenntnis des genauen Standorts und Vorhabens könne man zu den Überlegungen Dorniers auch städtebaulich und baurechtlich keine Einschätzung abgeben.
Klartext spricht Martin Rupps. Der Journalist und Historiker sitzt im „Landshut“-Beirat und hat die Rückholung des Flugzeugs maßgeblich betrieben. Er hat sich an Helge Braun, den Chef des Bundeskanzleramts, gewandt. In dem Brief, der der „Schwäbischen Zeitung“ vorliegt, nennt er den Projektfortgang „desolat“. Er kritisiert, dass sich das Thema des Museums in Gatow und der historische Kontext der Entführung der Boeing 737 „auch mit viel Rhetorik nicht nebeneinanderstellen“ ließen.
Die Landshut in Friedrichshafen
Er spricht sich für den Standort Friedrichshafen aus und kann sich dort eine „gläserne Baustelle“ vorstellen, auf der das Wrack restauriert wird. Rupps’ Brief schließt mit den Worten des 1942 geborenen Jürgen Vietor, Co-Pilot von 1977: „Ich möchte den Erinnerungsort ,Landshut’ noch mit eröffnen.“
Es ist nicht nur einiges an Porzellan zerschlagen worden rund um das Projekt „Landshut“-Museum. Es hat auch schon eine ganze Stange Geld gekostet. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag hervor.
Demnach hat die Demontage des Flugzeugs und sein Transport von Brasilien nach Deutschland 2,2 Millionen Euro gekostet. Die Lagerung des Wracks am Flughafen in Friedrichshafen, die Arbeit an einem Ausstellungskonzept und Interviews mit Zeitzeugen schlagen mit einer Million Euro zu Buche. Hinzu kommen gut 40 000 Euro für Berater und 13 000 Euro an Landegebühren. Der Kaufpreis für die „Landshut“ fällt da nicht mehr so sehr ins Gewicht: 20 303,74 Euro.