F-104
Es wäre vielleicht erhellend, sich einmal folgende Publikationen über die F-104 bzw. die deutsche Luftwaffe anzusehen: "Deutsche Starfighter" von Klaus Kropf und "German Military Aviation" von Paul Jackson. In ersterer werden die Unfallursachen sehr sachlich dargelegt und - was noch wichtiger ist - die Unfallzahlen auf die geflogenen Flugstunden bezogen. Darin zeigt sich, dass die höchste Unfallrate im Jahr 1965 auftrat. Die Ursachen waren vielfältig: technische Störungen (z.B. offene Schubdüse), Wartungsmängel, Pilotenfehler (vielfach aufgrund von Unerfahrenheit) und nicht zuletzt das Einsatzprofil. Bei Triebwerkausfall (z. B. durch Vogelschlag) wären auch andere einstrahlige Maschinen nicht besonders weit gekommen., wobei sicher richtig ist, dass die F-104 bereits bei vergleichsweise hoher Geschwindigkeit einen Strömungsabriss erlitt. Die Absturzrate pro 10.000 Flugstunden war interessanterweise bei den Kanadiern, die im Gegensatz zur Luftwaffe keine Unterbrechung von 10 Jahren zu verkraften hatten, in den frühen sechziger Jahren auch nicht viel niedriger. Paul Jackson weist zu Recht darauf hin, dass wiederum die Absturzrate der F-84F lag sie bei der Luftwaffe sogar höher war als die der F-104. Die hohe absolute Zahl verlorener Starfighter resultiert, so trivial das klingt, auch daraus, dass es so viele davon gab. Bezieht man die Verluste auf den Bestand, relativiert sich das Bild nämlich. Die Kanadier und die Italiener verloren prozentual ähnlich viele Maschinen. Zur Auswahl der F-104 gibt es viele Verschwörungstheorien. Es ist aber grotesk anzunehmen, dass Strauß die Beschaffung in allen anderen Ländern, die die gleiche Entscheidung trafen, herbei geführt haben könnte. Tatsache ist, dass der Starfighter damals, trotz seiner Schwächen, ziemlich konkurrenzlos da stand. Derselbe Major Krupinski, der die Mirage (die zweifellos ein hervorragendes Flugzeug war) so gelobt haben soll, schrieb (s. wiederum das Buch von Kropf) eine enthusiastische Bewertung der F-104 im Vergleich zum letzten verbliebenen Konkurrenzmuster, der F-11 Super Tiger (einer Variante mit J79 Triebwerk). Die Draken schied aus politischen Gründen, die Lightning wegen ihrer einseitigen Ausrichtung auf die Abfangrolle aus. Zur Mirage ist zu sagen, dass sie im Jahr der Auswahl (1958/59) noch nicht einsatzreif war (Erstflug zwar 1956, aber die ersten Mirage III C gelangten erst 1961 zur Truppe, überdies auch mit viel Kinderkrankheiten). Zudem waren die Franzosen nicht bereit, eine Lizenzfertigung oder auch nur eine wirtschaftlich vertretbare Arbeitsteilung (darum ging es ja auch nicht zuletzt; die Briten können seit der Jaguar ein Lied hiervon singen; daher stieg Frankreich auch frühzeitig aus dem Eurofighter aus und baute die Rafale) zuzulassen. Die fehlende Nuklearfähigkeit kann es nicht gewesen sein. 1966 (dem letzten Jahr Frankreichs in der NATO) gab es Beladeversuche mit amerikanischen Bomben und in Lahr stationierten Jabo-Mirages (nachzulesen in unlängst in Frankreich erschienenem Buch über die Mirage IIIE). Schlichtweg falsch ist die Geschichte, dass im September 1976 (erneut) 4 deutsche F-104 zusammen abgestürzt seien. Es handelte sich vielmehr um 4 italienische Starfighter, die, aus Bitburg kommend, im Steigflug zusammengestoßen waren. Bei Formationsflügen orientieren sich alle am Verbandsführer, so dass ein Fehler hier fatale Folgen hat. Dies passierte nicht nur dem deutschen F-104F-Team 1962 in Nörvenich, sondern auch den Thunderbirds 20 Jahre später.