Hallo Forenteilnehmer,
mit der angesprochenen Thematik, bzw. weit darüber hinausgehend, habe ich mich in Form meiner im Internet vorliegenden Arbeit (verlinken darf ich noch nicht, bitte hxxp usw. ergänzen)
wie-man-weltkriege-macht.de
beschäftigt. Es geht darum, wie die Situation von 1945 entstanden ist. "Leider" fiel die Arbeit sehr umfangreich aus, deshalb liest sie "keiner". Die Zusammenfassung ginge aber vielleicht.
Zu den in diesem Thread vorgebrachten Fragen und Argumenten kann ich in Einigem Stellung nehmen. Ich verzichte erst mal auf genaue Zitate. Sollte man aber ins "Eingemachte" gehen wollen, bin ich dazu gern bereit.
Zu einigen einzelnen Beiträgen möchte ich wie folgt Stellung nehmen:
#9, 16 Monitor Die Versailler Vorortverträge waren eigentlich als Auftakt zu einer allgemeinen Abrüstung gedacht. Nachdem es dazu bekanntlich nicht kam, sah man keinen Grund mehr, Deutschland die Aufrüstung zu verweigern. So geschehen bereits im Dezember 1932, also noch vor Hitlers Machtergreifung. (Gringo geht in #19 in die gleiche Richtung). Der Aufrüstungskurs des Nazireichs war damit völkerrechtlich gedeckt. Dazu zählte auch die Aufstellung der Luftwaffe.
#20, 36 Monitor Die europäischen Westmächte waren zu einem begrenzten Krieg gegen das Deutsche Reich fähig, zu mehr aber auch nicht. Mit einem begrenzten Krieg hätte sich die deutsche Machtposition in Mitteleuropa aber nicht endgültig zerschlagen lassen, insbesondere wäre ein deutsch-russisches Zusammengehen nicht endgültig zu verhindern gewesen. Deshalb musste eine Politik verfolgt werden, die einen neuen deutsch-russischen Zusammenstoß wahrscheinlich machen würde. Aus diesem Grund machte ein Angriff auf Deutschland 1939 keinen Sinn. Zu einer neuen europäischen Ordnung mussten die USA einbezogen werden. Dazu musste aber erst der inneramerikanische Isolationismus überwunden werden.
#26 Sens Der n-tv-Artikel gibt genau die traditionelle Sichtweise wieder, der ich in wesentlichen Punkten widerspreche.
#29 Sens Bemerkenswert ist der "Fallencharakter" des Münchner Abkommens bei Harris.Ein Lichtkegel auf die tatsächliche Bedeutung des Appeasements. Mir fehlt aber die passende Einbeziehung in einen historischen Gesamtrahmen.
#34 Alois, #35 GorBo Tatsächlich liegt die Verantwortung für Deutschlands Überfall auf Polen nicht nur bei Deutschland, sondern ganz wesentlich bei Großbritannien und Polen selbst, wobei im Hintergrund die USA gewirkt haben dürften. Frankreich machte mit, und bekanntlich ist auch der sowjetische Anteil groß. Nur das faschistische Italien hatte (vorübergehend noch) Interesse am Frieden.
#37 Alois Die britisch-französische Drohung wurde deutscherseits sehr ernst genommen. Aber Hitler spielte va banque.
#38 Monitor Man musste natürlich nicht "wegen Polen" in weitere Länder einfallen. Jeder weitere Feldzug, auch "Weserübung" und der Balkanfeldzug, hat seine eigene Vorgeschichte.
#40 Monitor Großbritannien war nun einmal trotz zwischenzeitlicher Niederlagen nicht friedensbereit.
#41 Alois "Mein Kampf" nimmt den Zweiten Weltkrieg inhaltlich nicht vorweg.
#42 Atlantic Stützt meine Sichtweise. Nur: Nordafrika wäre durchaus wichtig gewesen, um das Mittelmeer abzuschließen. Und Hitlers Kriegserklärung an die USA war praktisch nicht mehr als die Klarstellung eines faktisch längst bestehenden Kriegszustands.
#46 Alois Wirklich Interessierte würde ich bitten, sich mit meiner Arbeit auseinanderzusetzen. (URL s.o.)
#48 Monitor Man hat nicht "ausnahmsweise" nachgedacht. Eine antisowjetische Frontstellung war nur mit offener amerikanischer Hilfe möglich, und an die war 1939 noch nicht zu denken. Zwischenzeitlich sollte Deutschland den Krieg gegen die Sowjetunion führen - und verlieren.
#74 Alois Hätte man "Weltmacht" sein wollen und "Weltkrieg" führen wollen, wäre Nordafrika schon wichtig gewesen.
#82 Sens Die Verzögerung "Barbarossas" beruht nach Hillgruber nicht auf dem Balkanfeldzug, sondern auf dem russischen Frühjahrshochwasser, das die Flüsse für größere Verbände unüberquerbar macht.
#111 Sens Hätte Großbritannien im Sommer 1939 mit der Sowjetunion abgeschlossen, wäre wohl Deutschland vom Krieg gegen Polen abgeschreckt worden. Hitler wäre dumm dagestanden, der Zweite Weltkrieg wäre verhindert worden und die Naziherrschaft in Gefahr geraten.
#123 Mercur Die Schnelligkeit und Gründlichkeit der "Übernahme" Polens gibt mir auch zu denken. Was mir fehlt, sind Quellen zu Planungen in diese Richtung vor Kriegsausbruch. Ist Dir da etwas geläufig?
#135 Sens Von einer "Kündigung" des Versailler Vertrags durch Hitler ist mir nichts bekannt.
#142 Sens Inzwischen liegt ein Link vor (statt xxx drei andere bekannte Buchstaben):
xxx.worldfuturefund.org/wffmaster/Reading/Hitler%20Speeches/hitler %20rede%201937.01.30.htm
Zitate daraus:
3. Ich erkläre hiermit, daß damit jener Teil des Versailler Vertrages seine natürliche Erledigung gefunden hat, der unserem Volke die Gleichberechtigung nahm und es zu einem minderwertigen Volke degradierte.
4. Ich ziehe damit vor allem aber die deutsche Unterschrift feierlichst zurück von jener damals einer schwachen Regierung wider deren besseres Wissen abgepreßten Erklärung, daß Deutschland die Schuld am Kriege besitze!
Genaugenommen erkennt er also nur den Kriegsschuldartikel nicht an.
#146 Sens Siehe meine Bemerkungen zu den Beiträgen #20, 36, 48, jeweils von Monitor. Ich vermute, dass Großbritannien und Frankreich die USA, die bereits den Ersten Weltkrieg wesentlich mit verursacht hatten, nicht nur zur Garantiemacht der Nachkriegsordnung, sondern auch zu einem wesentlich höheren eigenen Einsatz als noch im Ersten Weltkrieg veranlassen wollten.
#150 Mercur Dass Appeasement völlig falsch aufgefasst wird, d.h. tatsächlich den Weg in den Krieg bedeutet, ist eine der wesentlichen Schlussfolgerungen meiner Arbeit.
#151 GorBo Tatsächlich verweigerten die Westmächte jede echte Zusammenarbeit mit dem deutschen Widerstand.
Danke für Eure Geduld, und Grüße,
Holger