AW: Starfighter auf Kopfhöhe
Stimme mit dir zu 100% überein. Das sind auch meine Überlegungen zu dem Thema. Mitte der 60er gingen die meisten USAF-Piloten zur F-4, was damals noch "Rücksitz" für die ersten paar hundert Stunden hieß. Da musste man nicht unbedingt der heißeste Pilot unter dem Himmel sein, um überleben zu können.
In Deutschland sah das anders aus - man flog entweder 104, oder Gina als Fast Jet. Beides Einsitzer, und beides zu größten Teilen Schlammwühler - die paar "Jäger" auf 104 lassen wir mal bei Seite.
Das bedeutet, dass man auch einen Haufen Leute dabei hat, die eigentlich nichts im Cockpit eines Einsitzers mit Tiefflugmission zu suchen hatten, aufgrund des Syllabus mit seinen Minimalanforderungen aber "bestanden" hatten, und dadurch trotzdem einen Platz auf dem Feuerstuhl bekamen.* Mit entsprechenden Ergebnissen.
Was sich zusätzlich negativ auswirkte war, dass man nach ein paar Stunden im sonnendurchfluteten Arizona plötzlich ins nebelige Mitteleuropa versetzt wurde, wo man - ohne vorher auf etwas gutmütigeren Mustern Stunden sammeln zu können** - auf sich allein gestellt war. Wer an ein paar ordentlichen Gruselgeschichten interessiert ist, soll sich das Buch zu den kanadischen CF-104 (die ja zu großen Teilen in Deutschland operierten) von David Bashow zulegen!
Die Attitüde vieler Piloten war damals eine andere als heute und ziemlich macholastig. Es wurde nicht über Fehler gesprochen, und anstatt eine ordentliche, offene Sicherheitskultur zu fördern, behielt man seine eigenen Fehler/ Einschätzungen für sich, was anderen möglicherweise das Leben kosten konnte.
Unfälle gab es zuhauf auch bei anderen Luftstreitkräften. Die F-100 wurde schon angesprochen. Die F-8 war ähnlich "heiß". Viele Unfälle passierten aber auch, weil man sich ein wenig zu unsterblich vorkam.
Es war in der Zeit vor tiefgreifender Flugunfalluntersuchung, wo ein 8m tiefer Krater eben für sich stand, ohne genau zu wissen, was nun die Unfallursache genau war. Pilotenfehler? Techn. Versagen? Äußerer Umstand?
Unfall- und Flugsicherheitskultur war damals noch nicht erfunden. Zu Beginn der NATOPS-Fliegerei zerrissen ganze Navy-Staffeln ihre neuen, standardisierten Flughandbücher, weil sie der Meinung waren, dass ihnen niemand vorschreiben konnte, wie sie ihre Flugzeuge zu fliegen hatten. Vorher war es Staffelpolitik, in welcher Konfiguration man flog - mit fortschreitender Standardisierung gingen jedoch die Unfallzahlen zurück, was für sich sprach, und man lernte zu schweigen und das Ego zu schlucken. Es gibt viele kleine Punkte, die Schritt für Schritt abgearbeitet werden mussten, bis ein heutiger, sichererer Flugbetrieb stattfinden konnte.
Heute fallen - das darf man nicht vergessen - trotzdem nur deswegen so selten Flugzeuge vom Himmel, weil wesentlich seltener geflogen wird.
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* Bei der USAF bekam nur die absolute "Top Notch" Plätze bei Einsitzern, wie der F-105!
** Bei einigen anderen Luftstreitkräften (incl. Kanada, Niederlande, Belgien) sammelte man erste einmal Erfahrung, bevor man auf die 104 durfte!