Bundeswehr im kalten Krieg

Diskutiere Bundeswehr im kalten Krieg im Bundeswehr Forum im Bereich Einsatz bei; Die Bundesrepublik Deutschland hatte damals keine keine Souveränität im Luftraum. Air Policing flog damals ausschliesslich die USAF und die RAF...

Dr. Seltsam

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Die Bundesrepublik Deutschland hatte damals keine keine Souveränität im Luftraum. Air Policing flog damals ausschliesslich die USAF und die RAF. Die Aufgabe der Bundeswehr Jagdgeschwader war im Kriegsfall eher die "Ausputzerfunktion" gegen feindliche (Jagd)bomber. Mehr war mit einer reinen Sidewinder und Bordkanonenbewaffnung auch nicht drin.
 
Der durstige Mann

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Fragen und Antworten

Hallo!

1.) Das F-104 Komando in Erding wurde parallel zur OER in Manching betrieben.
2.) Dem Kdo in Decimomannu waren im Gegensatz zum Kdo in Beja keine "festen" Maschinen zugteilt.
3.) Bez. der Verwendung der in George stationierten F-4E habe ich bisher noch keinen eindeutigen Hinweis gefunden. Sobald ich etwas gefunden habe, werde ich mich melden.

Die Angaben von "Dr. Seltsam" zum Air Policing sind absolut korrekt.

Es grüsst der durstige Mann
 
Veith

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1985 gab es schon seit einigen Jahren ENJJPT und somit gab es in Sheppard AFB keine deutsche Staffel mehr, sondern einen deutschen Anteil.
Gruß, H.
 
Erdferkel

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Macht in der Summe 4 Jagdfliegergeschwader _in_ der BRD. Allein die DDR hatte 6 Jagdfliegergeschwader, dafür deutlich weniger Jagdbombengeschwader (nämlich 3, wenn ich das MFG mitrechne, obwohl hier die Bundesmarine noch nicht gelistet ist). :FFTeufel:
"... Amerikaner und Briten ... hatten aber auch nur je 2 Jagdgeschwader in Deutschland stationiert", also mit 2JG der Bundesluftwaffe insgesamt 6 in Deutschland fest stationiert.
 

Dr. Seltsam

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Hatten das JaboG 35 und 36 nicht eine Zweitrolle für Jagdeinsätze?
Dem JG 71 und 74 drückte man eine Zeitlang ja auch eine Zweitrolle als Jagdbomber auf, was wahre "Begeisterungsstürme" hervorbrachte und den fliegenden Besatzungen sogar vor Schreck im Offizierheim die Gläser aus der Hand fielen...
 
Schorsch

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Macht in der Summe 4 Jagdfliegergeschwader _in_ der BRD. Allein die DDR hatte 6 Jagdfliegergeschwader, dafür deutlich weniger Jagdbombengeschwader (nämlich 3, wenn ich das MFG mitrechne, obwohl hier die Bundesmarine noch nicht gelistet ist). :FFTeufel:
"... Amerikaner und Briten ... hatten aber auch nur je 2 Jagdgeschwader in Deutschland stationiert", also mit 2JG der Bundesluftwaffe insgesamt 6 in Deutschland fest stationiert.
Wie man aus hier gelinkten Quelle entnehmen konnte, standen ja eine Reihe von Geschwadern in den USA bereit. Wie auch in der DDR hätte sich die V-Fall Stärke sehr schnell erhöht. Als vordere Linie wurden wohl auch eher die Luftabwehrstellungen gesehen.
Die Stationierung von Flugzeugen in der Bundesrepublik war ja eh schon problematisch, da der Abstand zur "Front" ziemlich gering war.

Mich würde mal interessieren, wer 1980 wirklich noch an einen Schlagabtausch Ost-West glaubte. :rolleyes: Die reine Stärke der BRD Luftwaffe war wohl weniger ausschlaggebend als die nukleare Abschreckung durch USA (und indirekt auch Deutschland als "Träger").
 
Erdferkel

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Google mal nach "general defence plan" ist eine pdf die im netz rumfliegt die zumindestens die Verteidigung Süddeutschlands abdeckt.

Ob der Verlauf wie von Clancy geschildert wird möglich gewesen wäre hängt wohl vom Standpunkt des Betrachters ab. Möglich wäre alles gewesen, alles nur eine Frage des wie. Wenn man sich mal zu Gemüte führt, das die Israelis in ihrem Konflikt der zur Zeit brodelt schon 20000 155mm Granaten verschossen haben sollen, dann stellt sich die frage: Hätte ein Krieg unter logistischen Gesichtspunkten stattfinden können? Wenn man da nämlich einmal anfängt zu rechnen kommen einem ganz große Zweifel:FFTeufel:
 
Tiger53

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Für den militärhistorisch Interessierten bietet sich eine gute Möglichkeit das Potenzial beider Seiten abzuschätzen, wenn er sich die Computerspiele der Firma HPS-Sims zulegt.
Das sind zwar nur rundenbasierte Strategiespiele mit Hexfeldgrafik, aber unglaublich detaliert. Hier wird jeder Fluß , jede Stadt, jeder Wald usw dargestellt. Und das auch jede der wirklich existierenden Einheiten. Es ist zum Beispiel möglich im Spiel "North German Plain 85" die Verteidigung Westdeutschlands gegen einen Angriff des Warschauer Paktes bis auf Kompanieebene zu schlagen.Um diese Spiele hat sich eine recht aktive moding-Szene entwicklelt. So gibt es ein free Download Szenario, wo man ganz Deutschland von Hamburg bis Nürnberg verteidigt oder auch auf der anderen Seite angreift. Das spiele ich z.B. gerade. Hier habe ich die Russen an der Weser gestoppt und im Südbereich war vor Fulda Schluss für den Gegener.
schaut mal hier :
http://www.hpssims.com/Pages/products/ModBat/NGP85/ngp85.html

Hier eine Mod-Seite:http://members.shaw.ca/gcsaunders/downloads6_MC_Scns.html
 

Dr. Seltsam

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Das Konzept der Vorneverteidigung sah vor, einen Angreifer möglichst noch auf seinem eigenen Gebiet zu bekämpfen und durch unterbrechen der Vormarsch- und Nachschublinien möglichst lange aufzuhalten. Eine Aufgabe für die u.a. der Tornado und der MW-1 Behälter entwickelt wurde. Trotzdem ging man davon aus, dass der NATO nach etwa 14 Tagen die konventionelle Bewaffnung ausgehen würde, was möglicherweise frühzeitig taktische Atomwaffen in Form von Artilleriegranaten zum Einsatz gebracht hätte. Für den Tornado gab es eine kalkulierte Verlustquote von 38 % der Flugzeuge pro Einsatz. Großangelegte Rückzugsszenarien der NATO sind mir nicht bekannt. Jedoch gab es wohl in einigen Fällen entsprechende Planungen für relativ grenznahe Fliegerhorste. Für das JaboG 39 (bestehend aus den TTTE Tornados und der Technischen Gruppe 11 in Erding), war wohl nicht mehr als ein einziger Feindeinsatz von Erding aus vorgesehen. Die rückkehrenden Maschinen wären noch einmal betankt und evtl. bewaffnet worden, um dann sofort zu verlegen (ich denke nach Italien).

Was die WP-Panzerverbände betrifft, so hätten diese sich garnicht so bewegen können, wie man es darzustellen versuchte. Dazu ist Westdeutschland seit Ende der 1960er viel zu dicht bebaut. Ein schnelles Vorrücken wäre nicht so "schnell" gegangen. Zumal auch an entscheidenden Stellen Mittelgebirge im Weg sind die man nicht so einfach überfahren kann.
 

DerFuchs

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Ziemlich genau 23,4 km südlich von ETNN
...
Die rückkehrenden Maschinen wären noch einmal betankt und evtl. bewaffnet worden, um dann sofort zu verlegen (ich denke nach Italien).
....
Als einer der größten Rückverlegungspunkte für die Luftwaffe war wohl der Stützpunkt Beja (Portugal) vorgesehen. Der gesamte Ausbau dieses für normale Zwecke völlig überdimensionierten Flughafens wurde von der NATO bzw. hauptsächlich von der BRD bezahlt. Man ging sehr wohl davon aus, dass die Truppen des Warschauer Paktes relativ schnell bis tief nach Frankreich vorstoßen können.

Erst nach Änderung der NATO-Doktrin (in den 80er Jahren) wurde Beja von der Lw mehr und mehr fallengelassen und später an die Portugiesen übergeben.

MfG
 

michael132

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EDJA
Hab mittlerweile in dem Buch "Die Truppen der NATO auf dem Gebiet der BRD" ein bisschen geschmökert. Es fällt auf, dass zumindest der Schreiber des Buches und somit wohl auch die Öffentlichkeit in der DDR der Meinung waren, dass ein Angriff nur von der NATO ausgehen kann.
Diese Einseitigkeit gabs wohl auf beiden Seiten.

Dazu eine Frage: Gabs auch in der DDR und der CSSR vorbereitete Sperren wie in der BRD? Das wäre ja die logische Konsequenz aus den Befürchtungen eines Angriffs durch die NATO gewesen.



Hab mir übrigens das Buch "Fallex 66 - So heiß war der kalte Krieg" von Wolfram Dorn geleistet. Höchst interessant.
 
Schorsch

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Ein Angriff konventioneller Streitkräfte war spätestens seit massenhafter Verfügbarkeit von taktischen Atomwaffen und der allgemeinen Stabilisierung der östlichen Regierungen undenkbar. 1953, 1961 und 1968 wurde auch klar, dass der Westen nicht irgendwelchen Freiheitsbewegungen zur Hilfe eilen wird. Ich denke Strategen haben daher auch die Sache richtig eingeschätzt, im Westen und sicher auch im Osten. Die Aufrechterhaltung der Armeen war ja vor allem der Möglichkeit geschuldet, dass der andere doch angreift. Zu einem gewissen Maße hatte die Sache somit Eigendynamik gewonnen.

Im Osten war die Aufrechterhaltung eines klaren Feindbildes auch Element der Propaganda.

Der Westen wußte eventuell ab Anfang der 80er, dass Russland und der gesamte WP sich diesen Rüstungswettlauf nicht leisten konnten. Somit hat man mit einer Aufrechterhaltung der konventionellen Kräfte und auch einer glaubhaften Bereitschaft die eigene Fähigkeit zu konventionellen Schlägen unter Beweis gestellt (es wurden schließlich oft Manöver gemacht, die eine konventionelle Kriegsführung trainierten). Um mitzuhalten musste der WP große Streitkräfte vorhalten, was ihm eben deutlich schwerer fiel als dem Westen, welcher die Verteidigungsausgaben "spielend" bezahlte.

Ich habe den Eindruck, dass auch die Bewaffnung speziell der Amerikaner einen mitunter deutlich offensiveren Charakter hatte als die der Russen (welche ja von allen WP-Staaten übernommen wurde bzw. werden musste gemäß russischen Vorgaben). Das liegt wohl vor allem daran, dass die Amerikaner mit ihrer Armee und speziell Luftwaffe und Marine historisch oft offensiv waren. Man denke an Korea und Vietnam. Einen speziellen Bezug auf das europäische Szenario sehe ich da nicht unbedingt.
Man kann auch sehen, dass manche amerikanischen Flugzeuge für einen europäischen Krieg ungeeignet waren: So waren Flugzeuge wie F-4, F-105, F-15 und F-16 (immerhin die Stützen der USAF) gar nicht auf die Benutzung von Feldflugplätzen oder kurzen Startbahnen ausgelegt. Die Aufstellung der USAF mit großen Mengen von Tankern erlaubte viel größere taktische Flexibilität als die großen Flotten mitunter eher leistungsschwacher Typen im Osten (leistungsschwach im Sinne von Payload-Range). Die Amerikaner (und nur die, die NATO ohne USA wäre etwas verloren gewesen) waren also in der Lage, wirklich Luftüberlegenheit in entfernten Lufträumen herzustellen. Die Russen bekamen erst ab 1986 die Su-27 mit der so etwas möglich wurde, vorher konnte man mit MiG-23 und -29 kaum Langstreckeneinsätze bewältigen.

Eine Frage noch: Konnte eigentlich die DDR oder irgendein anderer "Bruderstaat" selber entscheiden, welche Kräfte sie aufstellten oder wurde aus Moskau Aufstellung, Einsatzrolle und Mengen der Streitkräfte diktiert?
 
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Veith

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@Schorsch
ganz schwieriges Thema und ggf. Off-Topic. Ich versuche es dennoch. Wenn es ausartet, wäre ich für eine zugügige Löschung der / meiner Beiträge.

Vorab: Die militärischen Pläne der NATO / USA / BRD sind weiterhin geheim und unbekannt. Die entsprechenden Pläne ("Operativen Pläne") der NVA gab es in zwei handschriftlichen Ausfertigungen: eine in Moskau, eine in Strausberg. Das in Strausberg wurde unmittelbar nach dem Wahlsieg der "Allianz für Deutschland" vernichtet. Bisher tauchten auch von den anderen WV-Staaten keine originalen Operativen Pläne auf (auch nicht die polnischen). Was es gibt: Manöverlagen, Oralhistorie und allerlei logisch zusammengereimtes.

Mein unvollständiges und subjektives, bestenfalls Halbwissen:
"Moskau" machte die globalen Vorgaben und daraus wurden die notwendigen Schlußfolgerungen für die NVA abgeleitet. Die Rahmenbedingungen, globale Szenario (bis 1987):

Man betrachte den Globus und trete einen Schritt zurück, dann wird einem klar, daß es im Kalten Krieg (nur) zwei Hauptakteure gab: USA / SU. Wenn man weiterhin erkennen will, daß Westeuropa eine Festlandverbindung zur SU hat, während die USA sich in Insellage befinden, wird schlagartig klar, daß Westeuropa ein Brückenkopf war. Einen Brückenkopf muß man im Krieg schnellstens eliminieren oder möglichst halten, je nach dem, auf welcher Seite man steht.

Die USA ging wohl in den ersten Plänen (das 1. Szenario stammt von Anfang 1945 und ging vom Kriegsbeginn 1947 aus) davon aus, Westeuropa schnell zu
verliegen, mit Ausnahme von GB. England war als "Flugzeugträger" unverzichtbar im geplanten Luftkrieg gegen die UdSSR (überlegene Bomberflotte, Raketen gab es faktisch noch nicht, wenige Kernsprengköpfe). Sollte die SU nach 2 Jahren noch nicht eingelenkt haben, sollte die Invasion beginnen. In späteren Plänen ging man immer mehr von einem Halten des Brückenkopfs aus, in den 80ern bereits an der Rhein-Main-Linie. Der WV hatte drei strategische Hauptstoßrichtungen und ging naheliegend von einer erfolgreichen Operation aus:

Innerhalb weniger Minuten sollten die Kasernen geräumt sein und die atomaren Schläge der NATO somit ins "Leere" gehen. Durch einen schnellen Vormarsch unter Umgehung von Widerstand sollte der Einsatz von Atomwaffen auf westeuropäischen Territorium erzwungen und damit ggf. beschränkt werden.

Interessante Details:
Beide Seiten gingen von einer schnellen Eskalation zum Atomkrieg aus. So plädierte Adenauer zB nicht nur Atombomben auf Ostdeutschland, sondern unbedingt auch auf die SU zu werfen, er befürchtete wohl einen "begrenzten "Krieg und die Option noch Frieden schließen zu können.

Während die USA ausdrücklich und flächendeckend Kernwaffenschläge gegen die Bevölkerung vorsah, ist so etwas von der SU nicht bekannt geworden. Dort sollten die Kernwaffenschläge der unmittelbaren Unterstützung der Truppen dienen, wobei zivile Verluste eingeschränkt werden sollten - schließlich wollte man mit diesen noch den Sozialismus aufbauen.

Die USA sahen einen Besatzung und Installierung einer Marionettenregierung in der SU vor, während die SU keine Invasionen auf amerikanisches Festland plante.


Bei dieser "Vorneverteidigung" erübrigten sich "Atomminen" o.ä. um einen Vormrsch der NATO aufzuhalten. Der "Plan B" sah wohl vor, den Gegner "traditionell" in der Weite des Raumes zu vernichten.

Das diese Sichtweise kreuzgefährlich war, ist naheliegend. Man ging von einem Kriegsbeginn aus, in dem Moment, wenn die westliche Militärmaschenerie unumkehrbar lief, d.h. der WV hätte nicht auf den ersten Schuß gewartet (bitte nicht mit Präventivkrieg verwechseln). Gegen die konventionelle Übermacht (Landverbindung zur SU) hätte die NATO in Westeuropa keine CHance gehabt, daher das Setzen auf atomare Abschreck^^^Vernichtung Europas.

Hinweis:
In dieser Betrachtung sind die US-Stützpunkte um die SU, Flugzeugträger, U-Boote, Pazifik etc. ausgeblendet, da fahlt mir einfach jede Info. Alles schon Wahnsinn, aber mit militärischer Logik. Die "Wissenden" haben sich dahingehend geäußert, alles aufzuschreiben und x-Jahre nach ihrem Tod veröffentlichen zu lassen .... schau'mer'mal. Im Hinblick auf den Westen, müssen wir wohl bis zur Roten Wende warten :FFTeufel:
 
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erstmal vielen Dank für den ausführlichen Beitrag. :TOP:

Die USA ging wohl in den ersten Plänen (das 1. Szenario stammt von Anfang 1945 und ging vom Kriegsbeginn 1947 aus) davon aus, Westeuropa schnell zu
verlieren, mit Ausnahme von GB. England war als "Flugzeugträger" unverzichtbar im geplanten Luftkrieg gegen die UdSSR (überlegene Bomberflotte, Raketen gab es faktisch noch nicht, wenige Kernsprengköpfe).
[...]
Beide Seiten gingen von einer schnellen Eskalation zum Atomkrieg aus. So plädierte Adenauer zB nicht nur Atombomben auf Ostdeutschland, sondern unbedingt auch auf die SU zu werfen, er befürchtete wohl einen "begrenzten "Krieg und die Option noch Frieden schließen zu können.
Man hatte wohl in den USA und Westdeutschland noch Stalinismus und die sowjetische Politik der Nachkriegszeit im Kopf. Im Prinzip hat sich die SU bis 1953 ein Image verschafft, was in den Köpfen des Westens haften blieb. Die Westdeutschen brauchten nicht großartig per Propaganda alamiert werden, vor den Russen hat man sich schließlich schon 1939 gefürchtet (vor den Amis eher nicht).

Veith schrieb:
Während die USA ausdrücklich und flächendeckend Kernwaffenschläge gegen die Bevölkerung vorsah, ist so etwas von der SU nicht bekannt geworden. Dort sollten die Kernwaffenschläge der unmittelbaren Unterstützung der Truppen dienen, wobei zivile Verluste eingeschränkt werden sollten - schließlich wollte man mit diesen noch den Sozialismus aufbauen.
Die USA sahen einen Besatzung und Installierung einer Marionettenregierung in der SU vor, während die SU keine Invasionen auf amerikanisches Festland plante.
Na, jetzt aber mal die rote Brille von der Nase. Die Sowjetunion hat wie die USA Langstreckenbomber, stratigische ICBM und U-Schiffe gebaut. Die nukleare Vergeltung war auf beiden Seiten anerkannt, die Bevölkerung wäre nicht ausgespart geblieben. Wozu sollten denn die Raketen auf Cuba dienen. Wichtige militärische Stützpunkte in Florida ausschalten?
Eine Besetzung Russlands kam eh nie in Frage. Dazu reichten die Kräfte gar nicht. Optimallösung war eventuell die "Befreiung" Polens. Man hätte auf westlicher Seite zurecht auf ein "Abfallen" der WP-Marionettenregierungen bei einem Rückschlag der russischen Streitkräfte hoffen können. Aber wie gesagt: eine militärische "Befreiung" Osteuropas wurde das letzte Mal in den 50ern erträumt, danach ließ man Gelegenheiten wie den Prager Frühling verstreichen. Die eigene Sicherheit wiegt schwerer als das Selbstbestimmungsrecht von Osteuropa.

Veith schrieb:
Bei dieser "Vorneverteidigung" erübrigten sich "Atomminen" o.ä. um einen Vormrsch der NATO aufzuhalten. Der "Plan B" sah wohl vor, den Gegner "traditionell" in der Weite des Raumes zu vernichten.
Hier wird klar, dass Deutschland Ost wie West im Kriegsplan der Großen vor allem bewohnte Schlachtfelder waren. Die Sowjetunion konnte die DDR und Polen "opfern", die Loyalität der Bevölkerung im Kriegsfalle war eh fraglich. Die Amis (und speziell die Franzosen) hätten auch nicht die letzte Division zur Verteidigung Ostwestfalens geopfert. Hamburg beispielsweise wäre de facto gar nicht verteidigt worden.
Die DDR hatte insofern einen Nachteil, dass sie flach war, dünner besiedelt und nur wenige große Flüsse hatte. Im Prinzip war von der innerdeutschen Grenze bis Russland kein natürliches Hindernis von Relevanz. Westdeutschland hatte dafür etwas bessere Infrastruktur und die Vormarschachsen der Roten Armee ja teilweise sogar bezahlt (Transitautobahnen).

Veith schrieb:
Das diese Sichtweise kreuzgefährlich war, ist naheliegend. Man ging von einem Kriegsbeginn aus, in dem Moment, wenn die westliche Militärmaschenerie unumkehrbar lief, d.h. der WV hätte nicht auf den ersten Schuß gewartet (bitte nicht mit Präventivkrieg verwechseln). Gegen die konventionelle Übermacht (Landverbindung zur SU) hätte die NATO in Westeuropa keine CHance gehabt, daher das Setzen auf atomare Abschreck^^^Vernichtung Europas.
Die Notwendigkeit der Mobilisierung hätte beiden seiten ausreichend Vorwarnzeit gegeben, dem WP eventuell etwas mehr, da sich solche Aktivitäten im Westen schwerer geheimhalten ließen. Eine wirkliche Mobilisierung kann man eh nicht verdecken. Es gilt, dass ein voll mobilisierte Armee der Ostens/Westens gegen eine Armee der anderen Seite mit kurzer Vorwarnzeit schnell die Sache entschieden hätte.
Atombomben waren praktisch: Sie waren eine günstige Möglichkeit der Verteidigung. In Westdeutschland waren die atomar bewaffneten Jagdbomber überzeugender als die 8.000 konventionell bewaffneten Kampfpanzer.

Was mich wundert: Die Informationen über die Stärke westlicher Armeen waren relativ aufwandsfrei zu ersehen. Daraus war ziemlich klar, dass eine reale Gefahr für den WP nicht bestand (jedenfalls nicht konventionell). Jede Mobiliserung wäre schnell offenbar geworden. Eine Unterstützung eines Krieges durch die Bevölkerung war ab Ende der 60er nirgendwo zu bekommen. Die westlichen Armeen waren ausreichend stark, um einen einfachen konventionellen "Durchmarsch" des WP zu verhindern. Um auf eine reale Offensivstärke zu kommen, hätte man im Westen ungleich mehr investieren müssen (stehende Heere waren im Westen ungleich teurer). Die deutliche wirtschaftliche Überlegenheit des Westens relativierte sich so. Aber auch hierzu fehlte - mit unterschiedlicher Ausprägung - der öffentliche Wille für mehr Investitionen. Selbst bei den "sicherheitsbesorgten" Amerikanern waren Verteidigungsetats von mehr als 7-10% BIP kaum drin (die Amis hatten Anfang der 50er über 10%, während Vietnams nie mehr als 8-9%, in den 80ern um die 7%, heute knapp 5%). Insgesamt wundert mich daher die "Angst" im WP. Demokratien (speziell satte) sind schwierig zu einem Krieg zu bewegen. Die Amis sind da sportlicher, aber ohne seine europäischen Verbündeten wären auch die USA nicht ausgekommen.
 
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Veith

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Nur mal dazu: 1982 brach (im Zusammenhang mit den Mittelstreckenraketen, Vorwarnzeit = Null) eine richtige Kriegshysterie aus ("mitten im Frieden"), da die SU annahm, ein Angriff stünde unmittelbar bevor.

Die Kundschafter, Botschafter etc. wurden angehalten nach Anzeichen zu suchen - und wer sucht der findet, bzw. wer nichts findet, hat nur nicht richtig gesucht :(

Mir fällt das Stcihwort dazu im Moment nicht ein, jedenfalls war es damals wirklich eng.

Zur Kompelxität des Themas, siehe: http://russland.ru/kapitulation1/morenews.php?iditem=39
 
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Man sollte es sich nicht zu einfach machen und den anderen beschuldigen, er habe durch Handlung XY den Kalten Krieg herbeigeführt. Da gab es keine Henne und kein Ei. Die Entstehung des Kalten Krieges können sich beide Parteien zuschreiben.

Interessant aus Erdferkels Link: Ronald Reagan konnte sich nicht vorstellen, dass die Russen tatsächlich einen amerikanischen Angriff fürchteten.
 
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Nur mal dazu: 1982 brach (im Zusammenhang mit den Mittelstreckenraketen, Vorwarnzeit = Null) eine richtige Kriegshysterie aus ("mitten im Frieden"), da die SU annahm, ein Angriff stünde unmittelbar bevor.
Mir fällt das Stcihwort dazu im Moment nicht ein, jedenfalls war es damals wirklich eng.]
Meinst du die NATO Übung Able Archer 83 als die SU annahm ein Krieg stehe unmittelbar bevor?
Paar Informationen auf Englisch finden sich hier http://en.wikipedia.org/wiki/Able_Archer_83
 
Thema:

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